Anonyme Alarmisten und ihre bequemen Unwahrheiten Betrachtungen über ein einflußreiches duo fatal

Gängelband des Jahres 2007 Laudatio

Stiftung Liberales Netzwerk

Potsdamer Platz 6a, 10117 Berlin

19. Oktober 2007

Carlos A. Gebauer

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

die Stiftung Liberales Netzwerk verleiht das Gängelband des Jahres stets an eine Person, die eigene Interessen in herausragender Weise über das Interesse der Allgemeinheit stellt und hierdurch die persönliche Freiheit einzelner Bürger maßgeblich behindert.

Der Preis wird in diesem Jahr nicht – wie in der Vergangenheit üblich – an eine individualisierbare Person oder an eine bestimmte Institution verliehen. Die Stiftung hat statt dessen entschieden, einen Preisträger auszuzeichnen, der selber nur sehr schwer greifbar ist. Unser diesjähriger Preisträger ist nämlich einerseits überall, andererseits auch nirgendwo.

Dieser Umstand macht es nicht gerade einfach, ihm eine Preisrede zu widmen. Sie erfordert daher zunächst eine Vorbemerkung und dann noch drei weitere Zwischenbemerkungen, bevor zum eigentlichen Grund seiner Auszeichnung ausgeführt werden kann.

I.

Wer einen anderen Menschen „gängeln“ möchte, um die Interessen bestimmter Personen gegenüber dem Wohl der Allgemeinheit rücksichtslos durchzusetzen, der sieht sich zunächst vor eine rein technische Aufgabe gestellt. Diese lautet: Wie bewegt man Menschen zu Handlungen, zu denen sie aus eigenem Antrieb und aus eigener Veranlassung nicht bereit wären? Es stellt sich mit anderen Worten die ganz grundlegende Frage: Wie gängelt man möglichst effektiv?

1.) Die brachialste Form, einen anderen Menschen zu Handlungen zu zwingen, die er selbst eigentlich nicht vornehmen würde, besteht schlicht darin, Gewalt anzuwenden. Dies ist gleichsam die maoistische Variante des Gängelns, frei nach dem Motto: Die Macht kommt aus den Gewehrläufen.

Die Anwendung äußeren Zwanges (oder auch nur dessen glaubhafte Androhung) ist in der Regel ohne weiteres geeignet, andere Menschen zu bestimmten Handlungen zu bewegen. Auch hier gibt es allerdings verschiedene Schattierungen der Gewaltinstrumentalisierung. Sie reichen über den Einsatz des schon genannten militärischen Gewehres über den Bau antifaschistischer Schutzwälle bis hin zu feineren Methoden.

Aus dem Bereich der Gastronomie bekannt ist der Standard einer Schutzgelderpressung („Wenn Du nicht zahlst Luigi, dann bruzzeln in Deinem Laden demnächst nicht nur die Sardellen!“). Ein ähnlicher Mechanismus ist beispielsweise auf dem Gebiet der Sozialversicherung bekannt in der Gestalt von Versicherungspflichten nach dem Sozialgesetzbuch in Zusammenschau mit der gefängnisandrohenden Strafvorschrift des § 266a StGB.

2.) Eine demgegenüber im Ansatz weitaus freundlichere Methode, andere Menschen zu bestimmten Handlungen anzuhalten, besteht in der friedlicheren Variante des Bittens. Wer einen anderen um einen Gefallen bittet oder ihn um eine barmherzige Tätigkeit ersucht, der kann ebenfalls Handlungen erwirken, die dieser andere ohne entsprechende Aufforderung nicht sogleich vorgenommen hätte.

3.) Eine dritte Variante, fremdes Handeln zu bewirken, liegt in der Verbreitung von Fehlinformationen bzw. Lügen. Diese Methode ist nicht nur Heiratsschwindlern bekannt. Auch im politischen Bereich gibt es hierfür hinlänglich bekannte Beispiele: „Die Renten sind sicher“. Jedenfalls ist diese Technik aber nie völlig zu trennen von der Erkenntnis, daß Lügen kurze Beine haben (wobei dies ausdrücklich keinerlei Bezug zu der Körpergröße von Norbert Blüm hat!). Ein Merksatz für den Hausgebrauch in diesem Zusammenhang könnte in etwa sein: „Die Politologen, bis sich die Balken bogen“.

4.) Eine vierte – für unseren heutigen Zusammenhang besonders interessierende – Variante, andere Menschen zu Handlungen zu bewegen, die diese eigentlich nicht hatten vornehmen wollen, besteht in der Verbreitung von Angst. Dieser Mechanismus ist ebenso simpel wie effektiv. Nehmen Sie beispielsweise an, ich wollte sie bewegen, jetzt sofort den Saal zu verlassen. Ich müßte wahrscheinlich nur laut und panisch genug „Feuer!!!“ rufen. Mit einiger Überzeugungskraft würde mir dann bestimmt gelingen, Sie zum zügigen Verlassen dieses Raumes zu bewegen. Argumente bräuchte ich nicht.

5.) Gegenüber den drei erstgenannten Methoden hat diese letztgenannte ganz wesentliche Vorteile: Zum einen ist das Verbreiten von Ängsten (mit der daraus folgenden Handlung fremder Menschen) weitaus weniger aufwendig, als die Androhung oder gar Durchsetzung von Gewalt. Denn Panzer sind bekanntlich teuer und Zuchthäuser personalintensiv. Die Verbreitung einer Angst läßt sich kostengünstiger bewerkstelligen. Zudem ist sie in der Regel auch weitaus unblutiger, was sie auf ersten Blick sympathischer macht. Die Verbreitung von Ängsten ist nächstens verläßlicher, als das bloße Bitten um gewisse Handlungen anderer. Denn sie stellt den immer noch verbreiteten Eigennutz des anderen, gesund überleben zu wollen, zugleich in den Dienst der eigenen Zielvorstellungen. Schließlich aber ist die Verbreitung von Ängsten auch moralisch erheblich wertvoller, als das alternativ genannte Lügen. Der ertappte Lügner steht in der Regel vor der Gesellschaft schlecht dar. Sein Interesse sollte folglich stets sein, selbst wie ein Wohltäter zu erscheinen (jedenfalls, wenn er nicht nur kurzfristig, sondern längerfristig und nachhaltig gängeln möchte). Nicht zuletzt dies mag auch der Grund dafür gewesen sein, warum Maximilien de Robespierre nicht Mitglied einer „Bundeszentrale für das öffentliche Kopfabhacken“ o.ä. während der Französischen Revolution war, sondern (solange er seinen eigenen noch besaß) führender Kopf des „Comité de salut public“, zu gut deutsch: Des Wohlfahrtsausschusses. Auch dieser Wohlfahrtsausschuß ist später übrigens umgenannt worden in „Comité de sureté générale“. Auch hieran läßt sich ablesen, wie sehr Sicherheitsversprechen, Machtpositionen und Ängste miteinander ein enges Amalgam eingehen.

6.) Unter überwiegend friedlichen Umständen in einer Gesellschaft wird eine Regierung nach allem stets ein Interesse daran haben müssen, möglichst intensiv Ängste zu nutzen, um das von ihr angestrebte Verhalten der bürgerlichen Untertanen zu bewirken. Genau dies ist die Entstehungsvoraussetzung – und der politische Humus – für einen Typus, dem die heutige Laudatio und mithin unser diesjähriges Gängelband gewidmet sind. Preisträger des Jahres 2007 ist: Der anonyme Alarmist!

7.) Zwar hätten sich bei der Findung des Preisträgers durchaus viele einzelne, prominente Alarmisten ausfindig machen und benennen lassen können. Doch das wahrhaft Charakteristische an diesem Gängelband-Preisträger besteht nach Auffassung der Stiftung darin, daß gerade die Vielfalt seiner Erscheinung und die Vielfältigkeit seiner angstverbreitenden Alarme das Wesen seiner Existenz ganz besonders auszeichnen.

Nur wenn jeder Bürger jeden Tag mindestens je an einer komplett farbig plakatierten Hauswand mit Werbebotschaften von oder für Obdachlosenzeitungen und/oder Kriminalitätsopfer und/oder Pflegebedürftige und/oder Hungernde und/oder Dürstende und/oder Unfallverletzte und/oder Witwen und/oder Waisen und/oder hilfsweise Blinde vorbeigelaufen ist, erreicht der angestrebte Alarmstatus den nötigen Intensitätsgrad. Denn erst dann begründet das allgemeine Angstgefühl in der Bevölkerung den nötigen Lähmungseffekt gegen jedweden Mut zur selbstbewusst individuellen Handlung, den es – besonders zugunsten der Alarmprofiteure und ihrer Freunde – im Ergebnis zu vermeiden gilt. Nur so trägt nämlich das ständige Warnen und Hysterisieren für den anonymen Alarmisten seine eigentliche Frucht. Statt seine Dienste wie ein ehrlicher Händler oder Dienstleister den kritischen Märkten anzubieten, schürt er die Furcht und präsentiert sich dann – vermeintlich ganz uneigennützig – heldenhaft als Retter, alimentiert aus den Mitteln staatlich abgepresster Abgaben.

II.

Gestatten Sie mir nach dieser Vormerkung nun ankündigungsgemäß noch drei weitere Zwischenbemerkungen, die für das Verständnis des Nachfolgenden bedeutsam sind.

1.) Man muß nach allem also fragen, was genau einen erfolgreichen Alarmisten kennzeichnet. Der gute Alarmist verbreitet stets die maximal mögliche Angst. Ziel ist also eine Art globale Universalpsychose möglichst aller Menschen dieser Welt. Hierzu setzte der gute Alarmist am liebsten eine Art Breitspektrums-Anti-Sedativum ein. Es geht also darum, möglichst jede Art von Ruhe oder Selbstvertrauen in der Bevölkerung – individuell oder gemeinschaftlich, vorübergehend oder auf Dauer – zu vermeiden.

Ein passables Zwischenergebnis auf dem Weg zur perfekten Alarmistin hat vor einigen Jahren beispielsweise die amerikanische Publizistin Barbara Ehrenreich präsentiert, die ihr Buch mit dem Titel „Angst vor dem Absturz – Das Dilemma der Mittelklasse“ mit den Worten bewarb:

Das Kapital der Mittelklasse ist viel vergänglicher als Reichtum und jeder einzelne Angehörige dieser Klasse muß es sich stets aufs Neue mühsam erarbeiten. Keiner kommt darum herum, Selbstdisziplin zu üben … Diese Elite … ist also unsicher und zutiefst besorgt. Wie jede Klasse, die nicht im Geld schwimmt, lebt sie in ständiger Angst vor dem Schicksalsschlag, der zum gesellschaftlichen Abstieg führen könnte. Doch die Mittelklasse kennt noch eine weitere Angst – die Angst vor der inneren Schwäche, Angst davor, weich zu werden … Selbst der Wohlstand, so oft das Ziel all dieses Strebens, kann zur Bedrohung werden, könnte er doch zu Hedonismus und Hemmungslosigkeit führen. Ob die Mittelklasse hinunterschaut in die Welt der Entbehrungen oder hinauf ins Reich des Überflusses, die Angst vor dem Absturz verläßt sie nie.

Während der Rezensent der „newsweek“ dieses Buch im Jahre 1989 als ein Lektürevergnügen empfohlen haben soll, muß – unter unserem heutigen Blickwinkel – Frau Ehrenreich durchaus eine Rüge erteilt werden: Einem Mittelständler, der zum einen Angst hat, arm zu werden und zum anderen Angst, reich zu werden, fehlt erkennbar noch immer eine wesentliche Angst. Die Angst nämlich, daß sich nichts verändert! Ein wirklich guter Alarmist also hätte nicht verabsäumt, den beiden von Frau Ehrenreich beschriebenen zwei Ängsten noch die lückenfüllend-letzte, dritte hinzuzufügen, um die perfekte globale Universalangstpsychose zu generieren. Mit anderen Worten: Was schert mich ein Dilemma, wenn ich auch ein Trilemma haben kann?

2.) Die zweite Zwischenbemerkung, die mir angezeigt erscheint, befaßt sich mit der Frage: Wie geht der aufgeklärte Europäer des 21. Jahrhunderts mit derartigen anonymen Alarmisten um? Ich glaube, es gibt nur eine einzige Methode, auf diese Daueralarme zu antworten. Es ist dies die Technik der Entlarvung durch Offenlegung. Wer also gemeinsam mit unserer Stiftung diesen Weg der Offenlegung gehen möchte, der mag formulieren: „Wir sind die Menschen, vor denen Sie Ihr Kreistagsabgeordneter schon immer gewarnt hat!

3.) Betrachten Sie daher nun gemeinsam mit mir das alarmistische Werk unseres Preisträgers: Blicken wir auf das Alphabet des Grauens! Allerdings sollten wir uns vor der Bearbeitung dieser Phänomenologie noch, und dies ist meine dritte Zwischenbemerkung, jedenfalls über eines einig sein: Über „Kohlendioxid“ reden wir heute definitiv nicht! Dieses Thema ist – bei Gott – zu ernst, um derzeit kritisch durchleuchtet zu werden.

Bei allem, was folgt, gilt also: Kohlendioxid bleibt außen vor. Absolut. Denken wir statt dessen an die vielen, vielen emsigen anderweitigen Arbeiten des heute ausgezeichneten anonymen Alarmisten in den letzten Jahren.

III.

Nachdem wir alle an der Erzeugung von Atomkraft gestorben waren und Aids uns hingerafft hatte, wie Rock Hudson und Freddy Mercury, starben wir in dem Bewußtsein, lediglich einem sonst sicheren Tod durch Asbest oder Al Kaida zu entgehen. Diejenigen, die nicht Opfer von Anthrax-Attacken wurden, starben sogar in Gemeinschaft; sie wurden Teil des Artensterbens.

Einer der größten lebenden deutschen Artensterber ist bekanntlich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Kürzlich wies er darauf hin, daß tagtäglich weltweit 150 Arten sterben und uns dadurch wertvolle DNA-Informationen auf ewig verlorengehen. Ob Sigmar Gabriel, der Mann neben Knut, dem Eisbären, bei alledem bedacht hat: Die Menschheit weißüberhaupt nicht, wie viele Arten es weltweit überhaupt gibt. Biologen wissen, daß die Untersuchung eines einzigen Astes im Regenwald ohne weiteres zur Entdeckung von rund 1000 neuen Arten führen kann. Gleichwohl sterben Arten. Und Sigmar Gabriel will es wissen. Das Aussterben der Art „Bundesumweltminister“ wird sich allerdings bis auf weiteres dadurch vermeiden lassen, daß gewisse Besuche bei bestimmten Eisbären nach zwischenzeitlichen Wachstumsprozessen des niedlichen Rackers eher unterlassen werden. Daß seine kompetenten Ministerialbeamten Sigmar Gabriel auf diese Gefahr hingewiesen haben, wollen wir unterstellen.

Viele Menschen, die an diesen unter „A“ genannten Gefahren gestorben waren, hatten zunächst noch Nudeln gegessen. Nudeln waren besonders gefährlich wegen der darin enthaltenen – Sie erinnern sich? – Bruteier. Manchmal überlagerten sich die Gefahren dieser Bruteier allerdings sogar mit denen aus BSE, das sich meist – unerkennbar und typisch spät auftretend – in den Fleischbeilagen zwischen den Nudeln befand. Die Gefahren eines Burnout waren demgegenüber weitaus greifbarer.

Unter der Gefahren-Klasse „C“ bearbeiten wir – wie angekündigt – ausdrücklich nicht das Thema CehOhZwei. Statt dessen blicken wir besorgt auf die Gefahr namens Creutzfeld-Jacob, die bekanntermaßen in keiner Relation stehen zu den Gefahren, die uns drohen aus Phänomenen wie Däubler-Gmelin, Engelen-Kefer, Matthäus-Maier, Kühn-Mengele, Wettig-Danielmeier oder Göhring-Eckhard. Die Inkubationszeit bei Creutzfeld-Jacob ist definitiv länger (allenfalls noch vergleichbar mit der von Claudi-Aroth). Die Angst dauert also an. Und das ist gut so.

Viele von uns starben durch Dioxine, andere durch Dreckige Bomben. Wir wollen zwar nicht über Erderwärmung oder Erdabkühlung reden, aber die Gefahren, die aus Ebola, Elitenbildung oder Elektrosmog resultieren müssen uns kümmern! Besonders gefährlich ist, einen Elektrosmog aussendenden Radiowecker neben dem Bett auf einem Nachttisch der Firma IKEA stehen zu haben. Denn nicht nur das Billy-Regal dieses Herstellers sonderte tödliches Formaldehyd ab (besonders wahrscheinlich, wenn es mit dem immer verbreiteteren Falschgeld gekauft worden war).

Ich persönlich bin mehrmals wegen FCKW unter einer fehlenden Atmosphäre gestorben, einige Male jedoch auch infolge von Feinstaubbelastungen. Insofern habe ich in meinem derzeitigen Leben mit Freude die kürzliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Kenntnis genommen, daß jedermann nun gegen seine Gemeinde einen einklagbaren Anspruch auf Frischluft hat. Ich bereite daher derzeit für den kommenden Frühling eine Klage gegen meine Heimatstadt Duisburg vor, mich zu schützen vor dem äußerst aggressiven Pollenflug, der meine empfindlichen Bronchien in der Regel irritiert. Über die Ergebnisse dieser prozessualen Bemühungen werde ich gelegentlich berichten. In der Zwischenzeit warte ich einfach ab und bleibe dabei insbesondere auch körperlich so unglaublich untätig, daß der anonyme Alarmist mich sicher auf die Gefahren drohender Fettsucht hinweisen wird.

Nachdem Gentechnik unser Essen und Glykol unser Trinken gefährdet haben, hatte ich nicht nur über Geldwäsche, sondern auch viel über Grenzwertüberschreitungen nachgedacht, insbesondere wenn ich in den ortsansässigen Dönerläden Gammelfleisch-Burger aß. Dies ist natürlich eine unausweichliche Konsequenz der Gefahren aus der obwaltenden Globalisierung, auf die der Alarmist (mit dem noch nicht verlängerten Zeitvertrag) aus dem Gesundheitsamt besonders verweist.

Mit Flugzeugen kommen nicht nur ferne HIV-Gefahren zu uns, sondern auch H5N11, Hühnergrippe, Hedgefonds und Heuschrecken. Gerade letztgenannte Heuschrecken zeigen, wie erfolgreich anonyme Alarmisten altbekannte Topoi (beispielsweise aus der Bibel) nutzen, um Ängste zu verbreiten. Von geradezu biblischen Ausmaßen sind greifbar auch die Gefahren des häufig beschworenen Islamismus. Dieser überwiegt in seiner Aggressivität bei weitem noch die allgegenwärtigen Gefahren der Jugendkriminalität. Denn Jugendkriminalität ist ein weites Feld. Bekanntlich hat Gustave Flaubert ein sogenanntes „Wörterbuch der Gemeinplätze“ zusammengetragen, in dem er auf gerne formulierte Plattheiten des Alltages hinwies. Zahnärzte seien demnach immer reich, die Luft auf dem Lande immer frisch und Obst stets gesund. Für Jugendkriminalität würde Flaubert gesagt haben: Immer steigend!

Für viele von uns war es ein Segen, überhaupt „Jugendliche“ zu werden. Denn die meisten von uns starben schon als Kinder. Entweder, weil sie von Kampfhunden getötet oder von Kindertee vergiftet wurden. Die Gefahren des Kapitalismus jedenfalls führten häufig zu Kinderarmut. Niemand weiß zwar, was genau Kinderarmut ist. Nach einer Definition der Vereinten Nationen ist arm, wer pro Tag weniger als einen US-Dollar zur Verfügung hat. Nach dieser Definition wäre also kein einziger in Deutschland lebender Mensch überhaupt „arm“. Der anonyme Alarmist bedurfte daher für sein Thema anderer Definitionsansätze. Üblicherweise argumentierte er in den vergangenen Jahren damit, daß arm sei, wer weniger als 50% des Durchschnittseinkommens zur Verfügung habe. Da die Gruppe dieser modernen Aussätzigen aber für alarmrhetorische Zwecke schlichtweg zu klein geriet, modifizierte der Alarmist seine Definition. Nunmehr ist „arm“, wer weniger als 60% des durchschnittlich verfügbaren Einkommens besitzt. Damit ist endlich eine Millionenstärke der Gesellschaft erreicht, die für angstmachende Effekte hinreichend effizient eingesetzt werden kann2. Mich persönlich hat übrigens immer irritiert, Plakate zu sehen, auf denen es heißt, für nur € 2 täglich lasse sich für ein Kind in der sogenannten Dritten Welt ein Heim, eine Gesundheitsvorsorge und eine vernünftige Ausbildung finanzieren. Unter Armutsgesichtspunkten habe ich mich bisweilen gefragt: Warum geht das in meinem Land eigentlich nicht?

Eine weitere wichtige Botschaft des anonymen Alarmisten ist: Du entkommst Deinem Verderben nicht! Krankheiten werden bekämpft mit Medikamenten. Medikamente aber sind tödlich. Lipobay liefert dem Alarmisten das Beispiel. Wer also nicht vom Liberalismus dieser Welt getötet wird, den rafft Lipobay dahin. Ohne Lipobay stirbt man an Milzbrand, an Magersucht oder – neuerdings – an Malaria oder Monsterwellen. Ob diese allerdings infolge der Erdbeben unter der Meeresoberfläche ursächlich durch einen erhöhten Kohlendioxidwert in der Atmosphäre ausgelöst werden, ist streitig. Es bleibt dabei: Uns interessiert dies heute nicht. Wir blicken statt dessen auf die äußerst gefährlichen Phänomene aus Nitraten und Nitriten, aus Nationalismus und – natürlich – Neoliberalismus.

Wenn Sie, meine Damen und Herren, nach Verleihung des heutigen Gängelbandes mit einem Glas Wein auf die Terrasse heraustreten werden, um den herbstlichen Blick über den Berliner Tiergarten zu genießen, gebe ich Ihnen einen wesentlichen und wichtigen Rat: Nutzen Sie einen hohen Sonnenschutzfaktor! Denn das Ozonloch ist unerbittlich. Sonnenschutzfaktor 50 – auch bitte nachts – ist unausweichlich. Sobald Sie Ihr Glas ausgetrunken haben, sollten Sie – möglichst ohne jede körperliche Belastung – zügig wieder in den Innenraum zurückkehren. Denn Ozon ist für Ihre Atemwege ein gefährliches Gift. Organisierte Kriminalität ist nichts dagegen (sagt jedenfalls Luigi, Sie erinnern sich).

Hier in den Innenräumen drohen Ihnen wenigstens – vorläufig und soweit ersichtlich – keine Gefahren aus Pestiziden. Auch die neuentdeckten Gefahren des Passivrauchens sind hier eher noch beherrschbar. Gleiches gilt heute Abend für das bekanntlich fast immer unerträgliche Profitstreben. Über das Abschmelzen von Polkappen wollen wir ja – es bleibt dabei – nicht reden. Wenn Sie quer über den Pariser Platz schauen und das Hotel Adlon erblicken, denken Sie an den Ratschlag eines anderen anonymen Alarmisten: Bevor Sie ein Hotelzimmer beziehen, überprüfen Sie, ob Ihr Vorgänger nicht Polonium (hilfsweise die Pocken oder eine sonst aggressive Pandemie) im Raum vergessen hat. Derartige Gefahren häufen sich, wie gewöhnlich gut unterrichtete Kreise wissen, besonders in Parallelgesellschaften.

In guten Hotels sollte man zwar heute davon ausgehen können, daß das Qualitätsmanagement derartige radioaktive Verseuchungen erkennt und deren Beseitigung rechtzeitig vor Neubezug des Hotelzimmers anordnet. Dennoch: Unterschätzen Sie nicht die Gefahren aus Qualitätsmängeln wegen versagenden Qualitätsmanagements! Solange nicht der letzte Qualitätspfad ausgetreten und der kleinste Zertifizierer akkreditiert ist, bleiben immer noch unbeherrschbare Risiken.

Weil wir – ich sagte es wohl schon? – über die Gefahren der Kohlendioxidbelastung unserer Atmosphäre nicht reden wollen, schweigen wir auch über die tödlichen Gefahren der allgegenwärtigen Regenwaldrodung. Alleine in Brasilien werden bekanntlich seit Jahrzehnten jeden Tag Waldflächen von einer Größe der ehemaligen Sowjetunion auf ewig vernichtet3. Erfreuen Sie sich statt dessen Ihres Blicks über den Tiergarten (soweit er seinerseits noch nicht gerodet wurde), vergessen Sie für einen Augenblick die radioaktiven Gefahren des Hotels Adlon und betrachten Sie, wie ungezählte Reisebusse das Brandenburger Tor passieren. Jeder einzelne dieser Reisebusse ist eine tödliche Gefahr. Ich selber bin bereits bei fünf Butterfahrten von herabfallenden Heizdecken erschlagen worden. Denn Reisebusse sind (einschließlich ihrer Gepäcknetze) häufig nicht so gewartet, wie man es erwarten möchte. Die Rußpartikel, die hinten aus Reisebussen abgesondert werden, sind zwar für Passanten gefährlich. Für die Passagiere hingegen ist der Reisebus die eigentliche Gefahr, gefährlicher möglicherweise noch als der allgegenwärtige Rassismus jenseits der nichtzertifizierten Panoramascheiben.

Wenn Sie auch bislang nicht von Skinheads erschlagen wurden, dann werden Sie mindestens an Salmonellen sterben. Vielleicht erfrieren Sie auch in sozialer Kälte oder werden von einem Selbstmordattentäter (respektive einem erweckt-erwachten Schläfer) in die Luft gesprengt. Zyniker haben darauf hingewiesen, daß Politiker derzeit damit befaßt sind, das Weltklima zu stabilisieren, während dieselben Politiker andernorts nicht einmal in der Lage sind, die Beträge für die gesetzliche Krankenversicherung stabil zu halten. Ich persönlich frage mich namentlich im Hinblick auf maskulin-adoleszente Gewalt, ob nicht möglich sein müßte, das Phänomen der männlichen Glatze ganz grundsätzlich in den Griff zu bekommen. Denn die Faktoren, die zum männlichen Haarausfall führen, können auch nicht vielschichtiger sein, als die, die zu einer Erderwärmung (oder Erdabkühlung, je nach Standpunkt) führen. Ich bin wirklich froh, über dieses Thema heute Abend nicht reden zu müssen.

Das Übergehen dieser Fragen ermöglicht auch, über den Treibhauseffekt Stillschweigen bewahren zu können. Statt dessen blicken wir mit den anonymen Alarmisten auf die Gefahren von Turbokapitalismus und allgegenwärtig drohende Terroranschläge durch Terrorzellen.

Wenn Sie nicht an gesundheitssystematischer Unter-, Über- oder Fehlversorgung laborieren, dann könnten Sie immer noch an der Vogelgrippe sterben. Erinnern wir uns: Lange ist nicht her, daß Sie Teil des Waldsterbens wurden. Erst starb damals der Wald, dann starben wir. Das dahingeschiedene Holz pinselten Sie möglicherweise mit Xyladekor. Auch diese Gefahren unterschätzten wir. Ebenso wie die aus Xenophobie. Der anonyme Alarmist hingegen wußte stets: Das Leben ist ein Abenteuer. Und Sie werden es nicht überleben.

Betrachten wir für heute Abend wenigstens den Buchstaben „Y“ als einen ungefährlichen und wenden uns statt dessen noch kurz den Gefahren aus dem Flug von Zugvögeln oder sonstigen Zuwanderern zu. Waren das nicht herrliche Zeiten, als wir noch sorglos und fröhlich jedes Wochenende mit den Federn von Vogelkadavern spielten? Wenn Sie jetzt hingegen bei der Beobachtung von Zaunkönigen u.a. in der Natur durch Waldstücke und über Felder streifen, beachten Sie: Sie werden sterben. Denn auch Ihr Zeckenbiß ist von Gott schon vorherbestimmt.

IV.

Ich hoffe gezeigt zu haben, wie der anonyme Alarmist uns alphabetisch durch alle Ängste trieb und treibt. Wir stehen also – und dies mag für heute Abend das „Y“ symbolisieren – an einem Scheideweg. Entweder, wir entscheiden uns dafür, sicherer Erkenntnis zu folgen oder aber diffusen Ängsten und Glaubenssätzen den Vorzug zu geben. Der oppositionelle DDR-Theologe Ulrich Woronowicz hatte in seinem bemerkenswerten Buch vom „Sozialismus als Heilslehre“ vor vielen Jahren formuliert:

Warum lernen wir … so schwer aus der Geschichte? Wir sind doch der Wissenschaftlichkeit verbunden. Wissenschaftliche Wahrheit kommt … durch die Übereinstimmung unserer Erkenntnis mit der Realität zustande. Wissenschafter beweisen ihre Behauptungen.

Wenn uns also anonyme Alarmisten mit immer neuen Ängsten konfrontieren, ohne diese beweisen zu können, so müßten wir – eigentlich – nicht um unser Leben fürchten. Jedenfalls solange nicht, wie der Beweis nicht angetreten ist. Dennoch: Bei allen Toden, die wir – quer durch das Alphabet – gestorben sind, hat sich doch eine ganz bestimmte, erschütternde Befürchtung jedenfalls nicht verwirklicht. Es war dies eine Befürchtung, die der großartige Wolf Schneider vor rund 20 Jahren in die angstvollen Worte faßte:

Vielleicht wird noch in diesem Jahrtausend der Tag kommen, an dem eine Fernsehsammelschaltung vier Fünftel der Menschheit vor der Mattscheibe vereint – wenn es gut geht, einer Weltmeisterschaft oder einem Spaziergang auf dem Mars zu Liebe, wenn es schlecht geht, eines Propaganda-Auftritts vor den Vereinten Nationen wegen, bei dem ein Wortköder ausgelegt wird, auf den die ganze Menschheit anbeißen soll. … Wer die Macht des Definierens an sich reißt, ist Herr … der Seelen und nur mit Entsetzen können wir der Stunde entgegensehen, da ein großer Demagoge die Menschheit so am Bildschirm hängen hätte wie einst Goebbels die Deutschen am Volksempfänger.4

Wir alle wissen, daß diese Angst Wolf Schneiders absolut unbegründet war. Sie hat sich bisher nicht realisiert. Und sie wird sich auch in Zukunft nie realisieren. Sie kann sich nie realisieren. Denn es ist völlig ausgeschlossen, daß selbst der einflußreichste Weltbürger – und sei er Staatspräsident, Vorstand einer Weltfirma oder sonst berühmt – irgendeine allzumenschliche Urangst (zum Beispiel die uralte gallische Panik, uns könne der Himmel auf den Kopf fallen, oder ähnliches) reaktiviert. Es scheidet aus, daß ein solcher Mensch mit Freunden aus der Filmbranche einen hochemotionalen Film drehen könnte. Niemals würden wir, wir aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts, uns diesen Film auf allen Fernsehsendern ansehen. Nie würden größere Mengen in die Kinos strömen oder einen solchen Film auf DVD bzw. Video erwerben. Es ist abwegig, zu erwarten, ein solcher Film könne einen „Oscar“ erzielen. Es wäre auch ganz absurd, anzunehmen, ein solcher Alarmist könnte mit derartig neu aufgelegtem Druidenschmäh Bücher verkaufen oder gar einen Friedensnobelpreis erhalten. Freuen wir uns also, gegen diese von Wolf Schneider befürchtete Gefahr gemeinsam mit der gesamten Menschheit gewappnet zu sein. Es gibt Dinge, die nicht geschehen. An dieser Front wenigstens ist Alarm definitiv nicht angezeigt.

V.

Widmen wir uns nach all diesen Aufregungen zum Schluß einer gänzlich anderen Perspektive, die Richard Powell in seinem hübschen Roman „Die Kwimpers“ vor vielen Jahren beschrieb.

Mr. Kwimper, ein arbeitsloser Amerikaner, war mit seinem Auto über eine neu errichtete und noch nicht für die Allgemeinheit freigegebene Küstenstraße gefahren, vom Weg abgekommen und pannenbedingt „gestrandet“. Mit seinen Kindern richtete er sich daraufhin an der Küste ein und führte auf einem zum Ärger der Behörden legal angeeigneten Meergrundstück ein zivilisationsfernes, privates Leben. Natürlich dauerte nicht lange, bis die Leiterin der zuständigen Kreiswohlfahrtspflege bei ihm und seinen Kindern vorstellig wurde, um amtspflichtgemäß die Wohltaten eines modernen und vorsorglich-fürsorglichen Sozialstaates an ihm und seiner Familie zu exekutieren. Da Mr. Kwimper unwillig war, den Segnungen des Kreiswohlfahrtsamtes zu folgen und statt dessen lieber privat für sich vor Ort bleiben wollte, entspann sich folgender Dialog:

Aber nehmen Sie nun mal an, ein Wirbelsturm kommt und bläst Sie weg. Oder nehmen Sie an, fast alle Fische krepieren an einer Seuche. Oder nehmen Sie an, Sie haben eine langandauernde Krankheit. Hunderte von schlimmen Dingen könnte passieren.

Pop sagte: „Natürlich. Es könnten aber auch Hunderte von netten Dingen passieren.

Vielleicht ist dies – neben der eingangs genannten Entlarvung des anonymen Alarmisten – eine weitere schöne Strategie gegen das allgegenwärtige Angstmachen: Verweisen wir auf die einfachen Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung! Und stellen wir dann fest: Es können auch viele, viele nette Dinge passieren.

1 Einem Gerücht zufolge sollen russischer Hacker derzeit eine H5N2-Variante zum kostenlosen Herunterladen ins Internet gestellt haben. Man braucht nur windows NT oder höher, und schon lassen sich Massenedipemien weltweit in Szene setzen, was meines Erachtens schon für sich gesehen einen legitimen Grund für staatliche online-Durchsuchungen darstellt.

2 Nicht nur für diese Klärung danke ich Joffe, Maxeiner, Miersch und Broder ganz besonders! Ihr „Schöner denken“-Lexikon ist insgesamt äußerst lesenswert.

3 Der tropische Regenwald ist daher augenscheinlich hilfloser als das mitteleuropäische Unkraut, das aus unseren verrottenden Bürgersteigen wächst; da sieht man, wohin es unsere ökologische Respektlosigkeit schon gebracht hat!

4 Wolf Schneider: Wörter machen Leute, München, 1985, Seite 342

Warum die politische Verbandsarbeit in Deutschland jetzt erst richtig spannend wird

Carlos A. Gebauer1

Referat auf der Hauptversammlung des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte
e.V. in Halle (Saale) am 11. Oktober 2007

„Regierungen und Völker verhalten sich nicht immer vernünftig. Manchmal treffen sie verrückte Entscheidungen, oder es gibt Leute, die die Macht an sich reißen und alle anderen zwingen, ihrer Narrheit zu folgen. Doch so sehr wir versuchen, uns in andere hineinzuversetzen, wir geraten an Grenzen, wenn es um Denkweisen und Vorstellungen geht, zu denen die Vernunft keinen Zugang findet.“

Winston Churchill2

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

ich danke herzlich für Ihre Einladung. In der Tat bin ich der Auffassung, daß die politische Verbandsarbeit für Zahnärzte – ebenso natürlich wie die für Ärzte – in Deutschland jetzt wirklich in eine entscheidende Phase eintritt. Die politische Verbandsarbeit wird damit aber nicht nur „spannend“, sondern sie wird durchaus existentiell bedeutsam für freiberuflich tätige Ärzte und Zahnärzte. Im Folgenden möchte ich dies – ganz traditionell im bewährten Dreisprung aus Einleitung, Hauptteil und Schluß – umreißen.

I.) Einleitung: Worum geht es?

Deutschland leistet sich den Luxus eines in vieler Hinsicht faszinierenden Gesundheitssystems. Seine einstmals von Bismarck zeitgeistkonform in Kraft gesetzten Prämissen haben sich uns seit der Kaiserzeit unverändert erhalten. Sie haben erst die Weimarer Republik, dann 1000 Jahre des nationalen Sozialismus, anschließend vier Jahre einer „Stunde Null“ und nun mehr als 58 Jahre grundgesetzlicher Bundesrepublik überdauert. Seither sind die Prämissen dieses Gesetzeswerks auch administrativ und judikativ Wirklichkeit geworden. Aus der Reichsversicherungsordnung wurde das bundesdeutsche Sozialgesetzbuch. Und das Verfassungsziel des Grundgesetzes vom „sozialen Staat“ hat bis heute 12 Bücher dieses Sozialgesetzes geboren, die allesamt – mit ihren imponierenden juristischen Konstruktionen nebst allen durchsetzenden Vollzugsorganen – das Leben der deutschen Einwohner bis in ihr kleinstes Detail „sozial gerecht“ gestalten, genau so, wie es § 1 Abs. 1 Satz 1 des Ersten Sozialgesetzbuchs grundlegend fordert3.

Was also könnte falsch sein? Wer könnte legitim Kritik an diesem Zustand erheben, ohne gleich als mitleidloser Sozialrambo zu erscheinen? Sind nicht insbesondere Sie, die hervorragend verdienenden Zahnärzte, schlicht unsolidarisch, wenn Sie den sozial Schwachen in unserem Land das Sachleistungs- und Solidarprinzip streitig machen? Bei Ihrem Jammern auf höchstem Niveau haben Sie vielleicht noch gar nicht begriffen, daß die Armen in unserem Land immer ärmer und Sie, die Reichen, immer reicher werden! Vielleicht ist das politische System des Sozialgesetzbuches in Wahrheit gar nicht so schlecht, wie Ihre Vertreter immer behaupten. Vielleicht erfordert des soziale Friede im Lande das Verbot privatrechtlicher medizinischer Strukturen, um Ihr sonst grenzenloses Profitstreben als Zahnärzte zum Wohle der Allgemeinheit einzuhegen.

So – oder allenfalls in Nuancen abweichend – wird, wie Sie wissen, das zum deutschen Sozialrecht ausgebaute und in alle gesellschaftlichen Bereiche metastasierte Bismarck’sche Armenrecht für gewöhnlich legitimiert. Und weil genau diese Legitimation falsch ist, stehe ich heute hier. Und weil genau dieser Legitimationsmangel demnächst Ihre Existenz kostet, haben wir allen Anlaß, hier und heute einige Worte miteinander zu sprechen. Und weil das Muster der absehbaren Ereignisse kein neues, sondern ein historisch und rechtsgeschichtlich bekanntes ist, haben Sie durchaus das (legitime!) Anrecht, sich auf die heraufziehende Periode vorzubereiten.

II. Hauptteil: Vom Scheitern prämissenkranker

Systeme

1.) Die bundesrepublikanische Gesetzgebung zur „Kostendämpfung im Gesundheitswesen“ geht auf das Jahr 1977 zurück. Damals merkte man: Es kostet zu viel. Zugleich aber sah man: Ärzte (und Zahnärzte) leben in diesem System außerordentlich komfortabel. Nicht zuletzt Berufsanfänger blickten begeistert auf die Verdienstmöglichkeiten in dieser Branche. So überfüllten sich bald die medizinischen Universitäten. Der Staat reagierte. Er schuf den numerus clausus. Das Angebot an Studienplätzen wurde gezielt verknappt. Das allerdings erhöhte nur den Reiz, in dieses künstlich geschaffene System von Bedarf und Versorgung einzusteigen.

Als ich 1984 mein Abitur machte, geschah um mich herum folgendes:

  • Freundin A. lernte wie besessen, um einen guten Notendurchschnitt zu
    erreichen. Es gelang ihr im wesentlichen. Mit nur wenigen
    zusätzlichen „Wartesemestern“ erlangte sie
    schließlich den begehrten Studienplatz.
  • Freund S. scheiterte am Notendurchschnitt. Doch er fand mit gewitzten Anwälten
    einen Weg, sich in das Traumstudium „einzuklagen“. In der
    Zwischenzeit begann er schon einmal, in Italien die ersten
    medizinischen Scheine zu erwerben.
  • Freund M. sah sich auch außer Standes, den „n.c.“ zu stemmen.
    Er wich daher pfiffig nach Belgien aus, um dort sein Physikum zu
    machen. Anschließend konnte auch er sich in eine deutsche
    Universität „einklagen“.
  • Freund W.
    hatte eine weithin unbekannte Quotenregel entdeckt. Ein gewisses
    Quorum an Studienplätzen musste an Abiturienten mit erbärmlichem
    Abitur vergeben werden. Er sorgte für ein jämmerliches
    Zeugnis und nahm anschließend sofort sein Medizinstudium auf.
  • Herr A.
    war glücklicher Besitzer eines nicht-deutschen Passes. Auch für
    ihn fand sich eine Sonderregel. Seine zeitweilige Idee, den
    angetretenen Platz dann an einen ernsthafter an diesem Studium
    interessierten Dritten zu veräußern, zerschlug sich
    allerdings.

Konkret wurde demgegenüber die Strategie meines Freundes A. Er begab sich nach Budapest, wo der kollabierende Staatssozialismus die medizinischen Universitätspforten für deutsche Studenten weit geöffnet hatte. Gegen einen gewissen Obulus wurde dort sogar in deutscher Sprache das Physikum ermöglicht.

Diese grenzenlose Kreativität meiner willensstarken Freunde, auch gegen staatliche Planung ihren Lebensweg zu gehen, fand in diesen bemerkenswerten Ausweichstrategien einen eloquenten Ausdruck. Sie ermöglichte bei allem auch mir, mit wenig Geld Europa reisend zu erkunden. Mit meinem Freund D. fuhr ich im späten September 1986 nach Budapest, um sowohl A. zu besuchen, als auch mich auf der Kettenbrücke fotografieren zu lassen.

Auf den Rückfahrt, irgendwo zwischen Wien und Linz, sprach dann mein Freund D. einen Satz, den ich seitdem nie vergessen habe. In Ansehung des Vergleiches zwischen ungarischem Verfall, den wir betrachtet hatten, und der prosperierenden Bundesrepublik, in die wir zurückreisten, sagte er: „Eigentlich doof: Unsere Eltern konnten Deutschland noch wie Architekten aufbauen und gestalten; wir haben nur die langweilige Aufgabe, das ganze wie Hausmeister sauber zu halten.“ Meine damalige Skepsis gegen diesen Satz hielt sich in Grenzen. Auch mir schien zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch möglich, daß D. recht hatte.

Welches System hat unsere Generation aber tatsächlich vorgefunden? Genügt der Hausmeisterblick auf die Strukturen, um während unserer Lebenszeit das Vorgefundene zu erhalten? Oder müssen wir selber auch als Baumeister tätig werden? Schauen wir auf das, was ist. Analysieren wir unser Fünftes Sozialgesetzbuch.

2.) Die wesentlichsten Weichenstellungen des SGB V heißen: Solidar- und Sachleistungsprinzip4. Hinter diesen Wortungetümen verbirgt sich schlicht das urmarxistische Glaubensbekenntnis: „Jeder nach seinen Fähigkeiten und jedem nach seinen Bedürfnissen.“ Eingezahlt wird nach dem Maßstab des jeweiligen Arbeitserfolges, entnommen nach den Maßstäben der je festgestellten Erkrankung. Beides hat – außer schierer Ideologie – nichts miteinander zu tun. An die Stelle zwischenmenschlicher Vereinbarungen treten die fremdbestimmte Verpflichtung zur Entrichtung eines bestimmten Prozentsatzes an die Sozialkasse sowie die fremddefinierte Zuweisung einer bestimmten medizinischen Leistung.

Daß ein solches System an allen Ecken und Enden Unzufriedenheit generieren muß, liegt auf der Hand. Spätestens mit dem Ende der Chance auf die gleichsam unbemerkte Finanzierung aller gewünschten Leistungen aus der geradezu unmerklich immer weiter wachsenden Wirtschaft einer prosperierenden Bundesrepublik mussten irgendwann die Fragen in den Raum gestellt werden: Was bekomme ich für meinen Beitrag? Und: Was verdiene ich für meine Arbeit?

Faszinierenderweise nämlich kostet dieselbe medizinische Dienstleistung beispielsweise eine Supermarkts-Halbtagskassiererin nur halb soviel, wie eine Supermarkts-Ganztagskassiererin. Und ebenso faszinierenderweise verdient [wenn auch bis zur Unkenntlichkeit hinter Abrechnungsmysterien der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen verbrämt] der Leistende für wieder dieselbe, identische Dienstleistung bei der einen Kassiererpatientin nur die Hälfte, wie bei der anderen Kassiererpatientin.

Zum Maßstab wurde – „jedem nach seinen Bedürfnissen“ – bei allem die „Notwendigkeit“ der medizinischen Leistung. Was also, wie bei Bismarck definiert, nicht erforderlich war, um eine Not abzuwenden, das konnte nicht beansprucht werden. Mithin mussten diejenigen in das Zentrum der Kritik geraten, die Not und Nichtnot zu definieren hatten5. Nicht notwendig ist danach stets, was über den allgemein anerkennten Grundstandard hinaus dem bloß privaten Gefallen, der überobligatorischen Erfreulichkeit, dem individuellen Luxus zuzurechnen ist. Gegen die damit begründeten Abgrenzungsschwierigkeiten erscheint eine Schnecke geradezu als Wirbeltier.

Kann also wundern, wenn gerade darüber Streit entbrennt? Denn weil wir bekanntlich alle über fast jedes unterschiedliche Ansichten haben, muß auch die Antwort auf die Frage nach dem medizinisch Notabwendenden vielfach unterschiedlich beantwortet werden, es sei denn, man einigt sich auf das wirklich existentiell Minimale. Der 1972 aus der UdSSR geflohene russische Schriftsteller Lev Navrozov hat dieses Problem anschaulich beschrieben:

„Es ist offensichtlich, daß man jede Bequemlichkeit, jedes Vergnügen und jede Verschönerung des Lebens, die die Menschen in den vergangenen 6000 Jahren erfunden haben, als überflüssig bezeichnen kann, als bürgerliche private, künstlich geschaffene Bedürfnisse. Zu diesen Bedürfnissen gehört zum Beispiel auch ein neuer Anzug. Wozu braucht man ihn? Der Großvater meines Freundes, ein ukrainischer Bauer, hatte sich vor 1917 einen grünen, wollenen Anzug gekauft. Er war ein sparsamer Mann, schonte den Anzug und 1930 ließ sein Sohn, ein Drehbuchautor in Moskau, diesen Anzug wenden und trug ihn. Der Stoff war erstaunlich haltbar. Mein Freund – ein Enkel des Bauern – ließ den Anzug in den fünfziger Jahren wieder wenden, weil er auf der ursprünglichen Außenseite noch sehr gut war. … Mein Freund hatte also großes Glück gehabt. Man kann einen Anzug hundert Jahre tragen, wenn der Besitzer seinen fast unbegrenzten wert kennt und ihn mit fast unbegrenzter Sorgfalt behandelt. Das gilt praktisch für alles, außer für Lebensmittel und für Wasser. Deshalb brauchte der Begründer der sozialistischen Planung … nur eine Verbrauchsnorm für Wasser und Lebensmittel zu entwickeln“6

Mit der Reduktion von Lebensverhältnissen auf das allgemein geringste Notwendige war übrigens zugleich ein weiteres Problem geschaffen: Während die Barmherzigkeit üblicherweise den Ärmeren eine Möglichkeit gab, von weniger Armen ohne Rechtsanspruch eine Vergünstigung freigiebig zugewendet zu erhalten, wurde diese mitmenschliche Geste im neuen System der administrativ festgezurrten Verhältnisse zu etwas qualitativ gänzlich anderem: Wer etwas gab und gewährte, über das er verfügen konnte, ohne daß dem Empfänger ein plangerecht zugewiesener Anspruch hierauf zugebilligt war, der verhielt sich nun korrupt und illegal. So war die Nächstenliebe unversehens zum Straftatbestand verkommen. Stellen zur Bekämpfung von Korruption und Unregelmäßigkeiten mussten geschaffen werden. Statt gedeihlich miteinander zum Wohle aller kooperieren zu können, mußten die Menschen nun einander argwöhnisch beäugen und überwachen: Wer tut, was unerlaubt ist?

Zurück aber zur Autobahn 1986 zwischen Wien und Linz: Welches System hatte meine Generation vorgefunden? Ein Gesundheitssystem des Dissenses und der Überwachung! Ein System, das einvernehmliche Verträge und Vereinbarungen zwischen Menschen verbietet und statt dessen behördliche Erhebungen und Zuteilungen zum Maßstab aller Dinge macht. Mit anderen Worten: Die Prämisse dieses Systems heißt, bis heute: Der individuelle Wille der gesundheitssystematisch Beteiligten ist unbeachtlich, entscheidend ist nur und alleine, was überindividuell zum politisch-administrativ zentral definierten Wohl der Allgemeinheit „sozial gerecht“ ist7.

3.) Verlassen wir für einen Augenblick den vertrauten Bereich des Gesundheitssystems und blicken wir – sozusagen, um den Gefahren der Betriebsblindheit eines Eingeweihten in Ansehung des allzu präsenten Problemes zu begegnen – auf andere Felder menschlichen Handelns. Fragen wir, ob auch andernorts möglicherweise unzutreffende und falsche Prämissen oder die mangelnde Einfügung des Handlungsaxioms in die vorgegebenen Realitäten dieser Welt zu misslichen Folgeproblemen führen. Vielleicht läßt sich aus diesen Parallelbetrachtungen auch die ein oder andere fruchtbare Erkenntnis für unseren Zusammenhang gewinnen.

a.) In etwa zu der Zeit, als einige staats- und wirtschaftsphilosophische Theoretiker meinten, es müsse möglich sein, tatsächliche oder vermeintliche Mängel des Vertragsrechtes durch eine „bessere“ juristische Konstruktion (nämlich durch eben jenes behördliche Einsammeln und Verteilen von Gütern) zu ersetzen, geriet in einer ganz anderen Disziplin ebenfalls ein lange geübter Standard in die Diskussion. Während die Menschheit – wie wir heute wissen – seit der Jungsteinzeit Satteldächer auf ihre Häuser setzte (man denke auch an die frühen Pfahlbauten im Bodensee, wie sie jedermann aus seiner Schulzeit kennt), begannen Architekten jetzt, das Flachdach zu lieben. Vielleicht war es nur der banale Ärger eines Augenblicks, der den ersten Architekten bewog, wegen eines am Dachgebälk aufgeschlagenen Kopfes die konstruktive Revolution zu dieser anderen Dachgestalt mit größerer Kopffreiheit zu wählen. Es begann jedenfalls die Epoche der Flachdächer – mit anderen Worten: Die Epoche der undichten Dächer.

Als hätten die vorangegangenen Generationen der Menschheit sich nichts bei der Errichtung von schrägen Dächern gedacht, opferte man also im Häuserbau die sämtlichen Vorteile des Satteldaches um des Vorteiles der Ästhetik (oder bestenfalls des größeren nutzbaren Raumvolumens im Obergeschoß). Bis heute sind alle neuen Flachdächer undicht. Und in Ansehung selbst eines niedergewaschenen Gran Canyon kann es ja auch gar nicht anders sein. Die vermeintlich „gute Idee“ schüttet ihr Kind mit dem Bade aus.

b.) Nicht anders ging es uns mit den scheinbar so hochmodernen Flussbegradigungen. Auch hier wollten die Experten der Raum- und Wasserplanung der unvollkommenen Natur helfen, indem sie „bessere“ Bach- und Flussläufe schufen. Das Folgeproblem der Suche nach neuen Retentionsflächen folgte den revolutionären Schelmen auf den Füßen. Die „gute Idee“ in ihren verdrießlichen Folgen rückgängig zu machen, wird den Apparat noch lange beschäftigen.

c.) So erweist sich der scheinbar geniale Wurf der Modernisierer bei genauer Betrachtung nicht selten als bloße Ursache für unbedachte und unbeherrschbare Folgeprobleme, die völlig vermieden worden wären, hätten die Neuerer zunächst einmal sorgfältig untersucht, warum das von ihnen eilfertig Verworfene überhaupt die vorgefundene Gestalt hatte. Ein vorläufig letztes – gleichwohl aber besonders bezeichnendes – Beispiel mag dies erhellen.

Die führenden Köpfe der Französischen Revolution von 1789 wähnten sich bekanntlich als die einzig wahren Repräsentanten der menschlichen Vernunft schlechthin. Um dem von ihnen vertretenen wissenschaftlichen Weltbild allerorts den gehörigen Ausdruck zu verleihen, sahen sie daher auch als indiskutabel an, zu ihrer weiteren Zeitrechnung einen traditionell christlich geprägten Kalender zu nutzen. Sie schufen statt dessen ihren eigenen „Französischen Revolutionskalender“.

Gleich nach dem Sturm auf die Bastille ließen sie daher am 15. Juli 1789 das „1. Jahr der Freiheit“ beginnen. Damit stellte sich allerdings gleich die Frage, wann das „2. Jahr der Freiheit“ beginnen sollte. Man einigte sich auf den 1. Januar 1790, weswegen das erste Freiheitsjahr nur 5 ½ Monate dauerte. Doch schon am 10. August 1792 sah man Anlaß, die Sache neu zu gestalten. Denn der Sturm auf die Tuillerien an diesem Tag schien doch sehr, sehr einschneidend. Man entschied sich, noch am gleichen Tage das „1. Jahr der Gleichheit“ zu proklamieren. Doch schon knapp sechs Wochen später geschah wieder Unglaubliches: Die Monarchie wurde abgeschafft! Sogleich befand man, an diesem 22. September 1792 habe das „1. Jahr der Republik“ begonnen.

Natürlich konnte man bei der bloßen Neubenennung der Jahre nicht stehenbleiben. Tage und Monate bedurften selbstredend auch der Modernisierung. Der eigens hiermit befasste Nationalkonvent orientierte sich in seiner Sitzung vom 5. Oktober 1793 – ganz wissenschaftlich – an dem rationalen Dezimalsystem: Am 24. November 1793 trat (rückwirkend zum 22. September 1792!) der jetzt „Zweite Republikanische Kalender“ in Kraft. Jeder Monat hatte jetzt drei Wochen zu je zehn Tagen. Jeder Tag bestand aus zehn Stunden zu je hundert Minuten. Die Minute hatte nun 100 Sekunden. Damit war die neue Sekunde 14% kürzer als die alte, die Minute 44% länger und die Stunde 2,4 mal so lang wie die alte.

Es gehört zu den eher traurigeren Begebenheiten unserer jüngeren Menschheitsgeschichte, daß das französische Fernsehen damals noch nicht in der Lage war, die entscheidenden Bilder aufzuzeichnen. Gerne sähe man einen völlig übermüdeten Parlamentssprecher nach zähen Verhandlungen morgens um halbfünf vor die Kameras der wartenden Journalisten treten, um das Beratungsergebnis und die Beschlusslage zu verkünden. Würde der anchorman dieser Übertragung bei einer Liveschaltung in den Konvent gewagt haben, nach der weiteren Verwendbarkeit aller bis dahin gebauten Uhren zu fragen? Wie sollte es um die Schaltjahre stehen? Und nachdem die Monate nun Namen erhalten hatten, die auf typische Ereignisse des französischen Klimas Bezug nahmen (Weinlese, Nebel, Schnee, Keim, Blume, Wiese etc.): Wer würde nach einer diskriminierungsfreien Gleichstellung der Monatsnamen in den Kolonien gefragt haben?

Ich halte nach allem für naheliegend, daß die Rituale jener Zeit sich von den uns geläufigen Gremiensitzungen kaum unterschieden haben dürften. Und genau wie damals in Frankreich sinken die Rationalität und die Tragfähigkeit von Ratsbeschlüssen auch heute noch immer umgekehrt proportional zur Größe ihrer Teilnehmerzahl. Anders gesagt: Je mehr Menschen mitreden, desto schlechter wird die Qualität der Entscheidung8.

Der amerikanische Wissenschaftsjournalist Bill Bryson stellt fest, daß insbesondere französische Wissenschaftler des 18. Jahrhunderts sich ihre Sache „nur in den seltensten Fällen einfach machten, wenn es eine Alternative von absurder Schwierigkeit gab9. Mit Blick auf unser deutsches Sozialgesetzbuch und die Regelungen über Krankenkassen, über einen Medizinischen Dienst, einen Gemeinsamen Bundesausschuß, ein Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (und die von ihm beauftragten externen Sachverständigen), mit Blick auf ein Bundesgesundheitsministerium und sechzehn einzelne Landesgesundheitsministerien, auf Kassenärztliche Vereinigungen, auf RSA und Gesundheitsfonds, auf Stellen zur Korruptionsbekämpfung und DRGs, ICDs und OPS, Integrierte Versorgung, MVZs und und und – läßt sich nur feststellen: Deutsche Gesundheitspolitik macht sich ihre Sache nur in den seltensten Fällen einfach, wenn es eine Alternative von absurder Schwierigkeit gibt.

Und genau wie unsere französischen Nachbarn zum guten alten Kalender zurückkehrten, weil sich die Erde definitiv nicht dezimal um die Sonne dreht10, deswegen werden auch wir Deutschen gesundheitssystematisch wieder den Weg zurück aus den Dschungeln des Sachleistungsprinzips und des sogenannten Solidarprinzips, den Weg heraus aus der planwirtschaftlichen Schrebergärtnerei und breiigen Milchmädchenmystik in ein zivilrechtlich organisiertes System finden müssen, das alleine übersichtlich ist und also Menschenmaß hat.

d.) Bevor ich nun – nach diesen langen Bögen – zu meinem Thema zurückfinde, warum politische Verbandsarbeit jetzt erst richtig spannend und wichtig wird, schulde ich allerdings noch eine weitere Betrachtung. Es ist dies die Frage, inwieweit denn hier und heute bereits absehbar wäre, daß (und warum) unser sozialgesetzliches Versorgungssystem ebenso undicht ist wie ein Flachdach, ebenso überflutungsfördernd wie ein begradigter Fluß und – schließlich – ebenso uhren- und orientierungsvernichtend wie ein Französischer Revolutionskalender.

In der Tat gibt es Anzeichen der Agonie und Indizien des heraufziehenden Kollapses. Dabei ist mir eines besonders wichtig: Ich selbst lege Wert auf die Feststellung, den Zusammenbruch nicht herbeireden zu wollen. Ich sehe mich statt dessen nur als einen staunenden Chronisten desjenigen Selbstzerstörungsmechanismus, der von dem (schon im Keim todgeweiht gewesenen) System unausweichlich selber ins Werk gesetzt wird.

aa.) So fällt zunächst dies auf: Wer Menschen in ein System zwängt und zwingt, in dem sie „eigentlich“ – also aus eigenem freiwilligen Antrieb – nicht verbleiben würden, der muß Schranken gegen den Ausstieg und die Flucht errichten. Soldaten im Krieg erfahren dies z.B. durch die drakonischen Regelungen über Fahnenflucht und die DDR errichtete einen „antifaschistischen Schutzwall“. Im Umkehrschluß läßt sich daraus ableiten: Wer Versicherte mit – auch strafrechtlich flankierten!11 – sozialversicherungsrechtlichen Zwängen in das System holt und wer Kassenärzte von einem Ausstieg aus dem System unter der Androhung von Berufsverboten abhält, der setzt ein gewichtiges Indiz dafür, daß sein System freiwillig nicht trag- und überlebensfähig wäre.

bb.) Wer den finanziellen „input“ und den medizinischen „output“ aus diesem System über Jahrzehnte weder legislativ, noch administrativ unter eine Gleichgewichtskontrolle bringt, der liefert weiteren Beweis dafür, ein nicht lebensfähiges System zu betreiben.

cc.) Mit Schaudern müssen wir sehen, daß die Versicherten dieses Systems schon lange ohne Zuschüsse aus Steuermitteln ihre eigene medizinische Versorgung gar nicht mehr bezahlen könnten. Und als wäre dies nicht schon genug: Die Zuschüsse kommen auch noch aus einem selbst faktisch rettungslos überschuldeten Staatshaushalt. Alleine das Land Berlin hat heute – „arm aber sexy“ – ein Vielfaches der Staatsschulden, die weiland die gesamte kollabierende DDR aufwies12.

dd.) Der berühmte Northcote Parkinson wies vor rund fünfzig Jahren auf einen erschreckenden kulturhistorischen Umstand hin: Praktisch zeitgleich mit ihrem Ende neigen Gesellschaften dazu, sich noch einmal imposante architektonische Beweise ihrer Macht und Bedeutung zu errichten. Dieses Phänomen gelte zeit- und kulturübergreifend: „Es ist heute bekannt, daß eine Perfektion der Planung nur von jenen Institutionen erreicht wird, die sich am Rande des Ruins befinden. Dieser Schluß, so paradox er klingen mag, ist gegründet auf eine Unmenge archäologischer und historischer Untersuchungen13.

Parkinson verweist in diesem Zusammenhang auf die größten Paläste englischer Monarchen oder römischer Päpste, die allesamt von Männern errichtet wurden, die ihren Machtzenit längst überschritten hatten; er berichtet von Neu Delhi, das 1929 fertig gestellt wurde, als die britische Kolonialzeit durch die Bürgerrechtsbewegung praktisch beendet wurde; er zeigt auf den Völkerbundpalast, der 1937 fertiggestellt wurde, oder auf die berühmten Schlösser Neuschwanstein und Herrenchiemsee. Und sicher nur deswegen, weil er diese Betrachtungen schon in den 1950er Jahren beendete, spricht er nicht auch von unserem neuen Deutschen Bundestag in Bonn, der 1992 vollendet wurde, als Bonn schon seine Hauptstadtrolle verloren hatte, oder von den Berliner Prachtbauten zwischen Reichstag und Kanzlergärten, die bezogen wurden, als Brüssel schon die Macht an sich genommen hatte. Bauen wir nicht gerade ein neues – Bundesgesundheitsministerium?

ee.) Auch jenseits des bloßen, engeren staatlichen Gesundheitssystems mehren sich Zeichen, die Destabilitäten erweisen. Wie soll zuletzt die fußkranke gesetzliche Krankenversicherung noch im Lauf gehalten, werden, wenn das sie (noch) notorisch stützende Finanz- und Steuersystem seinerseits strauchelt? Haben wir nicht soeben unter dem Stichwort von der „amerikanischen Immobilienblase“ die Schaffung gigantischer neuer Geldmengen durch auch die Europäische Zentralbank gesehen? Machen wir uns wirklich bewusst, was es heißt, daß binnen weniger Tage 200 Milliarden Euro „Finanzspritzen“ in diese Systeme gepumpt werden, über Europa hinaus sogar 300 Milliarden Dollar aller Zentralbanken zusammen; in nur zwei Tagen14? Nur derjenige, der seinen Blick auf die bloßen Oberflächen richtet, kann sich derzeit daran freuen, daß der deutsche Staatshaushalt ausgeglichen wäre15. Seemänner wissen: Die wahren und mächtigen Bewegungen strömen unter der Meeresoberfläche.

ff.) Kurz: Sowohl das Gesundheitssystem im engeren Sinne, als auch das umgebende Finanzierungskonstrukt insgesamt stehen auf zunehmend wackelnden Beinen. Die Kunst, das fragile Gewerk im Lot zu halten, wird zunehmend anspruchsvoll. Eines Tages scheitert der Jongleur. Insbesondere dann, wenn Churchills Worte wieder wahr werden: „Wenn die großen Organisationen … zum Äußersten überspannt werden, dann bricht ihr innerer Halt oft an allen Punkten gleichzeitig zusammen.16 Es war noch immer so.

4.) Die bloße Tatsache, daß ein System kollabiert, besagt allerdings naturgemäß noch nichts darüber, wie wir uns angesichts dessen vernünftigerweise zu verhalten hätten.

Eine Möglichkeit wäre, darauf zu vertrauen, daß die Konstrukteure und Betreiber des vorgefundenen Systems nun eine Rettung konzipieren und zum Wohle aller durchsetzen.

Eine andere Möglichkeit bestünde vielleicht darin, daß die betroffenen Bürger – alle Macht geht ja vom Volke aus – ihr Schicksal selbst gestalten, statt auf Reparatur durch andere zu vertrauen.

Mein Zugang zur Lösung derartiger Probleme besteht häufig darin, die Geschichte als Ideenlieferanten zu nutzen. Der oppositionelle DDR-Pfarrer Ulrich Woronowicz hat dies mit den schönen Worten beschrieben: „Die Geschichte ist ein umfangreiches Protokoll über Experimente, man muß es nur unvoreingenommen lesen17.

Wer dergestalt in die Geschichte des 20. Jahrhunderts blickt, der stellt fest: Nach dem völligen Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 ist etwas Faszinierendes geschehen. Für gewöhnlich nennen wir es das „Wirtschaftswunder“. Sein traditionell als Vater anerkannter Wirtschafsminister, Ludwig Erhard, tat jedoch effektiv nichts anderes, als den Menschen die Chance zu bewahren, sich selbst zu bewähren. Daher war auch kein „Wunder“, was geschah. Es war vielmehr das reine Vertauen in die Kraft und Kreativität von Menschen, die selbst und unmittelbar das tun durften, was ihnen in ihrer Situation persönlich sinnvoll erschien. Sie wurden nicht – wie in der „SBZ“ – administrativ geführt und verwaltet. Sondern sie durften selbst in eigener Würde und Verantwortung agieren.

Nur zehn Jahre später war Deutschland „Exportweltmeister“ und ein deutscher Facharbeiter verdiente doppelt so viel wie sein Berufskollege in England18! Der Unterschied war: Die englischen Wähler hatten sich nach den Anstrengungen des langen Krieges in erster Linie Frieden, „soziale Sicherheit“ und einen „Wohlfahrtsstaat“ gewünscht. So wählten sie 194519.

Und damals wie heute war die Kritik an einer auf Freiheit individuellen Handelns ausgerichteten Kritik harsch. Die spätere „Zeit“-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff schrieb 1948: „Wenn Deutschland nicht schon eh ruiniert wäre, dieser Mann mit seinem absurden Plan, alle Bewirtschaftung aufzuheben, würde es gewiss fertig bringen. Gott schütze uns davor. … Das wäre nach Hitler und der Zerstückelung die dritte Katastrophe.20

Im Nachhinein erwies sich bekanntlich das englische Modell als das weit Katastrophalere. Noch 1976 war der erste britische Premierminister aus den Reihen der Gewerkschaften in seinen volkswirtschaftlich-steuernden Verantwortungen so verzweifelt, daß er seinem Kabinett erklärte, wenn er ein junger Mann wäre, würde er jetzt auswandern21.

Ludwig Erhard vertraute also auf das, was der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften des Jahres 1976, Friedrich August von Hayek, „spontane Ordnungen“ nannte. Im Ergebnis ist es nichts anderes, als das vertrauen darauf, daß Menschen unmittelbar – ohne bürokratische Fernsteuerung mittels legislativer Zuckerbrote und Peitschen – am besten erkennen, was den allgemeinen Fortschritt befördert. Auch dies ist übrigens mitnichten eine neue Idee der Geschichte des 20. Jahrhunderts. König Friedrich Wilhelm III bediente sich bei seinem „Edikt zur Bauernbefreiung“ vom 9. Oktober 1807 schlicht desselben Mechanismus22. Was also könnte (oder sollte) uns hindern, ebenso zu verfahren?

III. Schluß: Wie man sich solidarisch aus
dem Sumpf zieht

Die einzig sinnvolle Erkenntnis aus alledem kann nur sein: Befreien wir uns von der überbordenden Bürokratie im Gesundheitswesen! Nutzen Sie die bestehenden Netzwerke ihrer Verbände, um spontane Ordnungen zur politikfreien (oder zumindest politikfernen) Versorgung Ihrer Patienten zu schaffen! Die Zukunft wird denjenigen Verbänden gehören, die nicht mehr nur primär Einfluß auf fremde Entscheidungen von Politikern nehmen, sondern denen, die unmittelbare Entscheidungshilfen für selbständige und damit insbesondere untereinander solidarische Bürger geben. In der Gestaltung dieser freiberuflichen Zukunft liegen Chancen, die genutzt werden wollen.

Denken wir an meine Freunde aus dem Jahr 1984: Kann schwer fallen, sich vorzustellen, welche allgemein förderlichen Ergebnisse Menschen erzielen, wenn sie ihren bewiesenen Mut, ihren gezeigten Elan, ihre vorhandene Kraft und ihr praktiziertes Selbstvertrauen in fröhliche Experimente und waghalsige Lebensentwürfe stecken, die nicht nur der Umgehung staatlicher Fehlplanungen gewidmet sind?

Die Größe der heutigen Gesundheitsverwaltung hat kein Menschenmaß mehr. Sie führt sich selber ad absurdum. Sie erinnert an den von Paul Watzlawick berichteten Versuch, einen immer größeren Flugzeughangar gegen Witterungseinflüsse zu bauen, bei dem man schließlich feststellte, daß innerhalb des Hangars selbst nun ein eigenes Mikroklima entstanden war.

Betriebsblindheiten wie diese führen zu Babylonischen Turmbauten wie dem „Gesundheitsfonds“ oder der „Gesundheitskarte23. Zuletzt befasst sich die Verwaltung nur noch mit sich selbst. Der Psychologe Dietrich Dörner schreibt: „Wenn ich durch exzessives Planen und Informationssammeln jeden direkten Kontakt mit der Realität vermeide, so hat die Realität auch keine Gelegenheit, mir mitzuteilen, daß das, was ich mir da so ausgedacht habe, nicht funktioniert und grundfalsch ist.24

Anders als Bürokraten und Verwaltungsexperten findet sich bei Berufsverbänden indes noch immer Sachverstand und Realitätsnähe. Diese Pfunde gilt es zu nutzen und einzusetzen. Unser Selbstverständnis sollte heißen: Wir wollen mehr sein, als nur Hausmeister! Wir können Architekten sein! Dann wird unser deutsches Gesundheitssystem auch wieder auftauchen aus seinem bürokratischen Sumpf, zum Wohle aller!

1 Carlos A. Gebauer ist Rechtsanwalt in Duisburg

2 The Second World War, Band III, Buch II, Kap. 31

3§ 1 Abs. 1 SGB I ist insoweit übrigens identisch mit der DDR-Verfassung von 1949

4 Die „soziale Gerechtigkeit“ ist demgegenüber juristisch völlig konturenlos. Sie besagt nichts und alles. Jedermann kann rhetorisch in sie hineindeuten (und aus ihr herausdestillieren), was er mag. Nüchtern betrachtet, handelt es sich bei ihr um nichts anderes, als um eine parareligiöse Begriffs-Conditorei. Viel Sahne und Zucker versprechen dem Auge und der Zunge vordergründigen Genuß, während die ernährungsphysiologische Gesamtbilanz erschreckend ausfällt: Bei geringen Sättigungserfolgen steigen nur die körperlichen Risiken. Wäre es nicht stets eine Torte, die andere bezahlen, könnte man die Freude an ihr dem privaten Lebensglück zuordnen. Bezeichnenderweise wusste Edmund Burke nur ein Jah nach dem Sturm auf die Bastille bereits, daß es hier nicht um „Befreiung“ gehe, sondern um einen neuen „Religionskrieg“.

5 Merke: Das Gesetz des Dschungels ist: Fressen oder gefressen werden. Das Gesetz der Zivilisation lautet: Definieren oder definiert werden, wie ein weiser Psychiater erkannte

6 Lev Navrozov: Die Lehrjahre des Lev Navrozov, Müpnchen 1975, S. 279

7 Ich habe schon an anderen Stellen wiederholt darauf hingewiesen: Mich erstaunt über alle Maßen, daß meine Mitbürger diese allgemeine Zuweisung des „Notwendigen“ oder „Erforderlichen“ bislang so weitgehend klaglos akzeptieren. Niemand würde sich die notwendige Frisur behördlich zuweisen lassen, niemand würde akzeptieren, den erforderlichen Partner zugeteilt zu erhalten. Dennoch wird dies auf medizinischem Gebiet hingenommen? [vgl.bei www.make-love-not-law.com, „Lenin und der Kassenarzt“ u.a.]

8 Die betriebswirtschaftliche Organisationslehre kann zu dieser Erkenntnis vieles sagen!

9 Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem, 5. Aufl. 2005, München, S. 63

10 mit dem 31. Dezember 1805 war dieser Spuk vorbei

11 vgl. § 266a StGB

12 man geht sicher kaum fehl in der Annahme, daß es die von Franz Josef Strauß vermittelten, umstrittenen Milliardenkredite an eben jene zahlungsunfähige DDR waren, die deren Zusammenbruch zu einem Zeitpunkt verhinderten, als ein friedliches Einschlafen der Sowjetunion noch keinesfalls gesichert war; aber das ist ein anderes Thema

13 Northcote Parkinson, Parkinsons Gesetz, Stuttgart 1958, S. 85

14 Roland Baader weist in der „Schweizerzeit“ (Nr. 24 vom 5.Oktober 2007) darauf hin, daß dies bedeutet: Jeder lebende Erdenbürger hat plötzlich – von jetzt auf gleich, nach zwei Tagen, ohne jede Wertschöpfung – rechnerisch 50 US-Dollar mehr zur Verfügung!

15 Damit noch bei weitem nicht genug: Mich erschüttert die Erkenntnis, daß niemand anderes als Mao Tse-tung im Jahr 1941 die chinesische Währung bianbi unbegrenzt nachdrucken ließ und dies mit den Worten verband: „Wenn [das Währungssystem] im der Zukunft zusammenbricht, dann ist es eben so.“ (vgl. Jung Chang und Jon Halliday: Mao, München 2005, S. 366). 1944 gab es dann dort so viel Geld, daß die Regierung begann, es einfach wieder „einzusammeln“ (a.a.O. S. 367).

16 Churchill in seiner „Weltkrisis“, op. cit. nach Christian Graf von Krockow, a.a.O. S. 231

17 Ulrich Woronowicz: Sozialismus als Heilslehre, Bergisch Gladbach 2000, S. 123

18 vgl. Christian Graf von Krockow: Churchill, Hamburg, 1999, S. 196

19 vgl. ebendort

20 Marion Gräfin Dönhoff, 1948, in: Wolfram Langer, Ohne Erhard sähe Deutschland anders aus; op. cit. nach Gerd Habermann, Vision und Tat – 2. Aufl. 2005, Bern, S. 26

21 vgl. Dominik Geppert: Thatchers konservative Revolution, München 2002, S. 177 m.w.N.; die keynsianischen Sozialdemokraten um Callaghan sagten, man könne jetzt nur noch versuchen, auf alle Knöpfe zu drücken, die zu finden seien, um zu sehen, was geschehe!

22 Vgl. Ulrich Woronowicz, a.a.O. S. 171ff.

23 zum verwandten Problem der sog. „Vorratsdatenspeicherung“ vgl. auch Gola u.a. in NJW 2007, 2599 ff. – die derzeitige staatliche Datensammelwut ist schwerlich verfassungskonform.

24 Dietrich Dörner, Die Logik des Misslingens, Hamburg 2003, S. 311

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