Warum die politische Verbandsarbeit in Deutschland jetzt erst richtig spannend wird

Carlos A. Gebauer1

Referat auf der Hauptversammlung des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte
e.V. in Halle (Saale) am 11. Oktober 2007

„Regierungen und Völker verhalten sich nicht immer vernünftig. Manchmal treffen sie verrückte Entscheidungen, oder es gibt Leute, die die Macht an sich reißen und alle anderen zwingen, ihrer Narrheit zu folgen. Doch so sehr wir versuchen, uns in andere hineinzuversetzen, wir geraten an Grenzen, wenn es um Denkweisen und Vorstellungen geht, zu denen die Vernunft keinen Zugang findet.“

Winston Churchill2

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

ich danke herzlich für Ihre Einladung. In der Tat bin ich der Auffassung, daß die politische Verbandsarbeit für Zahnärzte – ebenso natürlich wie die für Ärzte – in Deutschland jetzt wirklich in eine entscheidende Phase eintritt. Die politische Verbandsarbeit wird damit aber nicht nur „spannend“, sondern sie wird durchaus existentiell bedeutsam für freiberuflich tätige Ärzte und Zahnärzte. Im Folgenden möchte ich dies – ganz traditionell im bewährten Dreisprung aus Einleitung, Hauptteil und Schluß – umreißen.

I.) Einleitung: Worum geht es?

Deutschland leistet sich den Luxus eines in vieler Hinsicht faszinierenden Gesundheitssystems. Seine einstmals von Bismarck zeitgeistkonform in Kraft gesetzten Prämissen haben sich uns seit der Kaiserzeit unverändert erhalten. Sie haben erst die Weimarer Republik, dann 1000 Jahre des nationalen Sozialismus, anschließend vier Jahre einer „Stunde Null“ und nun mehr als 58 Jahre grundgesetzlicher Bundesrepublik überdauert. Seither sind die Prämissen dieses Gesetzeswerks auch administrativ und judikativ Wirklichkeit geworden. Aus der Reichsversicherungsordnung wurde das bundesdeutsche Sozialgesetzbuch. Und das Verfassungsziel des Grundgesetzes vom „sozialen Staat“ hat bis heute 12 Bücher dieses Sozialgesetzes geboren, die allesamt – mit ihren imponierenden juristischen Konstruktionen nebst allen durchsetzenden Vollzugsorganen – das Leben der deutschen Einwohner bis in ihr kleinstes Detail „sozial gerecht“ gestalten, genau so, wie es § 1 Abs. 1 Satz 1 des Ersten Sozialgesetzbuchs grundlegend fordert3.

Was also könnte falsch sein? Wer könnte legitim Kritik an diesem Zustand erheben, ohne gleich als mitleidloser Sozialrambo zu erscheinen? Sind nicht insbesondere Sie, die hervorragend verdienenden Zahnärzte, schlicht unsolidarisch, wenn Sie den sozial Schwachen in unserem Land das Sachleistungs- und Solidarprinzip streitig machen? Bei Ihrem Jammern auf höchstem Niveau haben Sie vielleicht noch gar nicht begriffen, daß die Armen in unserem Land immer ärmer und Sie, die Reichen, immer reicher werden! Vielleicht ist das politische System des Sozialgesetzbuches in Wahrheit gar nicht so schlecht, wie Ihre Vertreter immer behaupten. Vielleicht erfordert des soziale Friede im Lande das Verbot privatrechtlicher medizinischer Strukturen, um Ihr sonst grenzenloses Profitstreben als Zahnärzte zum Wohle der Allgemeinheit einzuhegen.

So – oder allenfalls in Nuancen abweichend – wird, wie Sie wissen, das zum deutschen Sozialrecht ausgebaute und in alle gesellschaftlichen Bereiche metastasierte Bismarck’sche Armenrecht für gewöhnlich legitimiert. Und weil genau diese Legitimation falsch ist, stehe ich heute hier. Und weil genau dieser Legitimationsmangel demnächst Ihre Existenz kostet, haben wir allen Anlaß, hier und heute einige Worte miteinander zu sprechen. Und weil das Muster der absehbaren Ereignisse kein neues, sondern ein historisch und rechtsgeschichtlich bekanntes ist, haben Sie durchaus das (legitime!) Anrecht, sich auf die heraufziehende Periode vorzubereiten.

II. Hauptteil: Vom Scheitern prämissenkranker

Systeme

1.) Die bundesrepublikanische Gesetzgebung zur „Kostendämpfung im Gesundheitswesen“ geht auf das Jahr 1977 zurück. Damals merkte man: Es kostet zu viel. Zugleich aber sah man: Ärzte (und Zahnärzte) leben in diesem System außerordentlich komfortabel. Nicht zuletzt Berufsanfänger blickten begeistert auf die Verdienstmöglichkeiten in dieser Branche. So überfüllten sich bald die medizinischen Universitäten. Der Staat reagierte. Er schuf den numerus clausus. Das Angebot an Studienplätzen wurde gezielt verknappt. Das allerdings erhöhte nur den Reiz, in dieses künstlich geschaffene System von Bedarf und Versorgung einzusteigen.

Als ich 1984 mein Abitur machte, geschah um mich herum folgendes:

  • Freundin A. lernte wie besessen, um einen guten Notendurchschnitt zu
    erreichen. Es gelang ihr im wesentlichen. Mit nur wenigen
    zusätzlichen „Wartesemestern“ erlangte sie
    schließlich den begehrten Studienplatz.
  • Freund S. scheiterte am Notendurchschnitt. Doch er fand mit gewitzten Anwälten
    einen Weg, sich in das Traumstudium „einzuklagen“. In der
    Zwischenzeit begann er schon einmal, in Italien die ersten
    medizinischen Scheine zu erwerben.
  • Freund M. sah sich auch außer Standes, den „n.c.“ zu stemmen.
    Er wich daher pfiffig nach Belgien aus, um dort sein Physikum zu
    machen. Anschließend konnte auch er sich in eine deutsche
    Universität „einklagen“.
  • Freund W.
    hatte eine weithin unbekannte Quotenregel entdeckt. Ein gewisses
    Quorum an Studienplätzen musste an Abiturienten mit erbärmlichem
    Abitur vergeben werden. Er sorgte für ein jämmerliches
    Zeugnis und nahm anschließend sofort sein Medizinstudium auf.
  • Herr A.
    war glücklicher Besitzer eines nicht-deutschen Passes. Auch für
    ihn fand sich eine Sonderregel. Seine zeitweilige Idee, den
    angetretenen Platz dann an einen ernsthafter an diesem Studium
    interessierten Dritten zu veräußern, zerschlug sich
    allerdings.

Konkret wurde demgegenüber die Strategie meines Freundes A. Er begab sich nach Budapest, wo der kollabierende Staatssozialismus die medizinischen Universitätspforten für deutsche Studenten weit geöffnet hatte. Gegen einen gewissen Obulus wurde dort sogar in deutscher Sprache das Physikum ermöglicht.

Diese grenzenlose Kreativität meiner willensstarken Freunde, auch gegen staatliche Planung ihren Lebensweg zu gehen, fand in diesen bemerkenswerten Ausweichstrategien einen eloquenten Ausdruck. Sie ermöglichte bei allem auch mir, mit wenig Geld Europa reisend zu erkunden. Mit meinem Freund D. fuhr ich im späten September 1986 nach Budapest, um sowohl A. zu besuchen, als auch mich auf der Kettenbrücke fotografieren zu lassen.

Auf den Rückfahrt, irgendwo zwischen Wien und Linz, sprach dann mein Freund D. einen Satz, den ich seitdem nie vergessen habe. In Ansehung des Vergleiches zwischen ungarischem Verfall, den wir betrachtet hatten, und der prosperierenden Bundesrepublik, in die wir zurückreisten, sagte er: „Eigentlich doof: Unsere Eltern konnten Deutschland noch wie Architekten aufbauen und gestalten; wir haben nur die langweilige Aufgabe, das ganze wie Hausmeister sauber zu halten.“ Meine damalige Skepsis gegen diesen Satz hielt sich in Grenzen. Auch mir schien zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch möglich, daß D. recht hatte.

Welches System hat unsere Generation aber tatsächlich vorgefunden? Genügt der Hausmeisterblick auf die Strukturen, um während unserer Lebenszeit das Vorgefundene zu erhalten? Oder müssen wir selber auch als Baumeister tätig werden? Schauen wir auf das, was ist. Analysieren wir unser Fünftes Sozialgesetzbuch.

2.) Die wesentlichsten Weichenstellungen des SGB V heißen: Solidar- und Sachleistungsprinzip4. Hinter diesen Wortungetümen verbirgt sich schlicht das urmarxistische Glaubensbekenntnis: „Jeder nach seinen Fähigkeiten und jedem nach seinen Bedürfnissen.“ Eingezahlt wird nach dem Maßstab des jeweiligen Arbeitserfolges, entnommen nach den Maßstäben der je festgestellten Erkrankung. Beides hat – außer schierer Ideologie – nichts miteinander zu tun. An die Stelle zwischenmenschlicher Vereinbarungen treten die fremdbestimmte Verpflichtung zur Entrichtung eines bestimmten Prozentsatzes an die Sozialkasse sowie die fremddefinierte Zuweisung einer bestimmten medizinischen Leistung.

Daß ein solches System an allen Ecken und Enden Unzufriedenheit generieren muß, liegt auf der Hand. Spätestens mit dem Ende der Chance auf die gleichsam unbemerkte Finanzierung aller gewünschten Leistungen aus der geradezu unmerklich immer weiter wachsenden Wirtschaft einer prosperierenden Bundesrepublik mussten irgendwann die Fragen in den Raum gestellt werden: Was bekomme ich für meinen Beitrag? Und: Was verdiene ich für meine Arbeit?

Faszinierenderweise nämlich kostet dieselbe medizinische Dienstleistung beispielsweise eine Supermarkts-Halbtagskassiererin nur halb soviel, wie eine Supermarkts-Ganztagskassiererin. Und ebenso faszinierenderweise verdient [wenn auch bis zur Unkenntlichkeit hinter Abrechnungsmysterien der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen verbrämt] der Leistende für wieder dieselbe, identische Dienstleistung bei der einen Kassiererpatientin nur die Hälfte, wie bei der anderen Kassiererpatientin.

Zum Maßstab wurde – „jedem nach seinen Bedürfnissen“ – bei allem die „Notwendigkeit“ der medizinischen Leistung. Was also, wie bei Bismarck definiert, nicht erforderlich war, um eine Not abzuwenden, das konnte nicht beansprucht werden. Mithin mussten diejenigen in das Zentrum der Kritik geraten, die Not und Nichtnot zu definieren hatten5. Nicht notwendig ist danach stets, was über den allgemein anerkennten Grundstandard hinaus dem bloß privaten Gefallen, der überobligatorischen Erfreulichkeit, dem individuellen Luxus zuzurechnen ist. Gegen die damit begründeten Abgrenzungsschwierigkeiten erscheint eine Schnecke geradezu als Wirbeltier.

Kann also wundern, wenn gerade darüber Streit entbrennt? Denn weil wir bekanntlich alle über fast jedes unterschiedliche Ansichten haben, muß auch die Antwort auf die Frage nach dem medizinisch Notabwendenden vielfach unterschiedlich beantwortet werden, es sei denn, man einigt sich auf das wirklich existentiell Minimale. Der 1972 aus der UdSSR geflohene russische Schriftsteller Lev Navrozov hat dieses Problem anschaulich beschrieben:

„Es ist offensichtlich, daß man jede Bequemlichkeit, jedes Vergnügen und jede Verschönerung des Lebens, die die Menschen in den vergangenen 6000 Jahren erfunden haben, als überflüssig bezeichnen kann, als bürgerliche private, künstlich geschaffene Bedürfnisse. Zu diesen Bedürfnissen gehört zum Beispiel auch ein neuer Anzug. Wozu braucht man ihn? Der Großvater meines Freundes, ein ukrainischer Bauer, hatte sich vor 1917 einen grünen, wollenen Anzug gekauft. Er war ein sparsamer Mann, schonte den Anzug und 1930 ließ sein Sohn, ein Drehbuchautor in Moskau, diesen Anzug wenden und trug ihn. Der Stoff war erstaunlich haltbar. Mein Freund – ein Enkel des Bauern – ließ den Anzug in den fünfziger Jahren wieder wenden, weil er auf der ursprünglichen Außenseite noch sehr gut war. … Mein Freund hatte also großes Glück gehabt. Man kann einen Anzug hundert Jahre tragen, wenn der Besitzer seinen fast unbegrenzten wert kennt und ihn mit fast unbegrenzter Sorgfalt behandelt. Das gilt praktisch für alles, außer für Lebensmittel und für Wasser. Deshalb brauchte der Begründer der sozialistischen Planung … nur eine Verbrauchsnorm für Wasser und Lebensmittel zu entwickeln“6

Mit der Reduktion von Lebensverhältnissen auf das allgemein geringste Notwendige war übrigens zugleich ein weiteres Problem geschaffen: Während die Barmherzigkeit üblicherweise den Ärmeren eine Möglichkeit gab, von weniger Armen ohne Rechtsanspruch eine Vergünstigung freigiebig zugewendet zu erhalten, wurde diese mitmenschliche Geste im neuen System der administrativ festgezurrten Verhältnisse zu etwas qualitativ gänzlich anderem: Wer etwas gab und gewährte, über das er verfügen konnte, ohne daß dem Empfänger ein plangerecht zugewiesener Anspruch hierauf zugebilligt war, der verhielt sich nun korrupt und illegal. So war die Nächstenliebe unversehens zum Straftatbestand verkommen. Stellen zur Bekämpfung von Korruption und Unregelmäßigkeiten mussten geschaffen werden. Statt gedeihlich miteinander zum Wohle aller kooperieren zu können, mußten die Menschen nun einander argwöhnisch beäugen und überwachen: Wer tut, was unerlaubt ist?

Zurück aber zur Autobahn 1986 zwischen Wien und Linz: Welches System hatte meine Generation vorgefunden? Ein Gesundheitssystem des Dissenses und der Überwachung! Ein System, das einvernehmliche Verträge und Vereinbarungen zwischen Menschen verbietet und statt dessen behördliche Erhebungen und Zuteilungen zum Maßstab aller Dinge macht. Mit anderen Worten: Die Prämisse dieses Systems heißt, bis heute: Der individuelle Wille der gesundheitssystematisch Beteiligten ist unbeachtlich, entscheidend ist nur und alleine, was überindividuell zum politisch-administrativ zentral definierten Wohl der Allgemeinheit „sozial gerecht“ ist7.

3.) Verlassen wir für einen Augenblick den vertrauten Bereich des Gesundheitssystems und blicken wir – sozusagen, um den Gefahren der Betriebsblindheit eines Eingeweihten in Ansehung des allzu präsenten Problemes zu begegnen – auf andere Felder menschlichen Handelns. Fragen wir, ob auch andernorts möglicherweise unzutreffende und falsche Prämissen oder die mangelnde Einfügung des Handlungsaxioms in die vorgegebenen Realitäten dieser Welt zu misslichen Folgeproblemen führen. Vielleicht läßt sich aus diesen Parallelbetrachtungen auch die ein oder andere fruchtbare Erkenntnis für unseren Zusammenhang gewinnen.

a.) In etwa zu der Zeit, als einige staats- und wirtschaftsphilosophische Theoretiker meinten, es müsse möglich sein, tatsächliche oder vermeintliche Mängel des Vertragsrechtes durch eine „bessere“ juristische Konstruktion (nämlich durch eben jenes behördliche Einsammeln und Verteilen von Gütern) zu ersetzen, geriet in einer ganz anderen Disziplin ebenfalls ein lange geübter Standard in die Diskussion. Während die Menschheit – wie wir heute wissen – seit der Jungsteinzeit Satteldächer auf ihre Häuser setzte (man denke auch an die frühen Pfahlbauten im Bodensee, wie sie jedermann aus seiner Schulzeit kennt), begannen Architekten jetzt, das Flachdach zu lieben. Vielleicht war es nur der banale Ärger eines Augenblicks, der den ersten Architekten bewog, wegen eines am Dachgebälk aufgeschlagenen Kopfes die konstruktive Revolution zu dieser anderen Dachgestalt mit größerer Kopffreiheit zu wählen. Es begann jedenfalls die Epoche der Flachdächer – mit anderen Worten: Die Epoche der undichten Dächer.

Als hätten die vorangegangenen Generationen der Menschheit sich nichts bei der Errichtung von schrägen Dächern gedacht, opferte man also im Häuserbau die sämtlichen Vorteile des Satteldaches um des Vorteiles der Ästhetik (oder bestenfalls des größeren nutzbaren Raumvolumens im Obergeschoß). Bis heute sind alle neuen Flachdächer undicht. Und in Ansehung selbst eines niedergewaschenen Gran Canyon kann es ja auch gar nicht anders sein. Die vermeintlich „gute Idee“ schüttet ihr Kind mit dem Bade aus.

b.) Nicht anders ging es uns mit den scheinbar so hochmodernen Flussbegradigungen. Auch hier wollten die Experten der Raum- und Wasserplanung der unvollkommenen Natur helfen, indem sie „bessere“ Bach- und Flussläufe schufen. Das Folgeproblem der Suche nach neuen Retentionsflächen folgte den revolutionären Schelmen auf den Füßen. Die „gute Idee“ in ihren verdrießlichen Folgen rückgängig zu machen, wird den Apparat noch lange beschäftigen.

c.) So erweist sich der scheinbar geniale Wurf der Modernisierer bei genauer Betrachtung nicht selten als bloße Ursache für unbedachte und unbeherrschbare Folgeprobleme, die völlig vermieden worden wären, hätten die Neuerer zunächst einmal sorgfältig untersucht, warum das von ihnen eilfertig Verworfene überhaupt die vorgefundene Gestalt hatte. Ein vorläufig letztes – gleichwohl aber besonders bezeichnendes – Beispiel mag dies erhellen.

Die führenden Köpfe der Französischen Revolution von 1789 wähnten sich bekanntlich als die einzig wahren Repräsentanten der menschlichen Vernunft schlechthin. Um dem von ihnen vertretenen wissenschaftlichen Weltbild allerorts den gehörigen Ausdruck zu verleihen, sahen sie daher auch als indiskutabel an, zu ihrer weiteren Zeitrechnung einen traditionell christlich geprägten Kalender zu nutzen. Sie schufen statt dessen ihren eigenen „Französischen Revolutionskalender“.

Gleich nach dem Sturm auf die Bastille ließen sie daher am 15. Juli 1789 das „1. Jahr der Freiheit“ beginnen. Damit stellte sich allerdings gleich die Frage, wann das „2. Jahr der Freiheit“ beginnen sollte. Man einigte sich auf den 1. Januar 1790, weswegen das erste Freiheitsjahr nur 5 ½ Monate dauerte. Doch schon am 10. August 1792 sah man Anlaß, die Sache neu zu gestalten. Denn der Sturm auf die Tuillerien an diesem Tag schien doch sehr, sehr einschneidend. Man entschied sich, noch am gleichen Tage das „1. Jahr der Gleichheit“ zu proklamieren. Doch schon knapp sechs Wochen später geschah wieder Unglaubliches: Die Monarchie wurde abgeschafft! Sogleich befand man, an diesem 22. September 1792 habe das „1. Jahr der Republik“ begonnen.

Natürlich konnte man bei der bloßen Neubenennung der Jahre nicht stehenbleiben. Tage und Monate bedurften selbstredend auch der Modernisierung. Der eigens hiermit befasste Nationalkonvent orientierte sich in seiner Sitzung vom 5. Oktober 1793 – ganz wissenschaftlich – an dem rationalen Dezimalsystem: Am 24. November 1793 trat (rückwirkend zum 22. September 1792!) der jetzt „Zweite Republikanische Kalender“ in Kraft. Jeder Monat hatte jetzt drei Wochen zu je zehn Tagen. Jeder Tag bestand aus zehn Stunden zu je hundert Minuten. Die Minute hatte nun 100 Sekunden. Damit war die neue Sekunde 14% kürzer als die alte, die Minute 44% länger und die Stunde 2,4 mal so lang wie die alte.

Es gehört zu den eher traurigeren Begebenheiten unserer jüngeren Menschheitsgeschichte, daß das französische Fernsehen damals noch nicht in der Lage war, die entscheidenden Bilder aufzuzeichnen. Gerne sähe man einen völlig übermüdeten Parlamentssprecher nach zähen Verhandlungen morgens um halbfünf vor die Kameras der wartenden Journalisten treten, um das Beratungsergebnis und die Beschlusslage zu verkünden. Würde der anchorman dieser Übertragung bei einer Liveschaltung in den Konvent gewagt haben, nach der weiteren Verwendbarkeit aller bis dahin gebauten Uhren zu fragen? Wie sollte es um die Schaltjahre stehen? Und nachdem die Monate nun Namen erhalten hatten, die auf typische Ereignisse des französischen Klimas Bezug nahmen (Weinlese, Nebel, Schnee, Keim, Blume, Wiese etc.): Wer würde nach einer diskriminierungsfreien Gleichstellung der Monatsnamen in den Kolonien gefragt haben?

Ich halte nach allem für naheliegend, daß die Rituale jener Zeit sich von den uns geläufigen Gremiensitzungen kaum unterschieden haben dürften. Und genau wie damals in Frankreich sinken die Rationalität und die Tragfähigkeit von Ratsbeschlüssen auch heute noch immer umgekehrt proportional zur Größe ihrer Teilnehmerzahl. Anders gesagt: Je mehr Menschen mitreden, desto schlechter wird die Qualität der Entscheidung8.

Der amerikanische Wissenschaftsjournalist Bill Bryson stellt fest, daß insbesondere französische Wissenschaftler des 18. Jahrhunderts sich ihre Sache „nur in den seltensten Fällen einfach machten, wenn es eine Alternative von absurder Schwierigkeit gab9. Mit Blick auf unser deutsches Sozialgesetzbuch und die Regelungen über Krankenkassen, über einen Medizinischen Dienst, einen Gemeinsamen Bundesausschuß, ein Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (und die von ihm beauftragten externen Sachverständigen), mit Blick auf ein Bundesgesundheitsministerium und sechzehn einzelne Landesgesundheitsministerien, auf Kassenärztliche Vereinigungen, auf RSA und Gesundheitsfonds, auf Stellen zur Korruptionsbekämpfung und DRGs, ICDs und OPS, Integrierte Versorgung, MVZs und und und – läßt sich nur feststellen: Deutsche Gesundheitspolitik macht sich ihre Sache nur in den seltensten Fällen einfach, wenn es eine Alternative von absurder Schwierigkeit gibt.

Und genau wie unsere französischen Nachbarn zum guten alten Kalender zurückkehrten, weil sich die Erde definitiv nicht dezimal um die Sonne dreht10, deswegen werden auch wir Deutschen gesundheitssystematisch wieder den Weg zurück aus den Dschungeln des Sachleistungsprinzips und des sogenannten Solidarprinzips, den Weg heraus aus der planwirtschaftlichen Schrebergärtnerei und breiigen Milchmädchenmystik in ein zivilrechtlich organisiertes System finden müssen, das alleine übersichtlich ist und also Menschenmaß hat.

d.) Bevor ich nun – nach diesen langen Bögen – zu meinem Thema zurückfinde, warum politische Verbandsarbeit jetzt erst richtig spannend und wichtig wird, schulde ich allerdings noch eine weitere Betrachtung. Es ist dies die Frage, inwieweit denn hier und heute bereits absehbar wäre, daß (und warum) unser sozialgesetzliches Versorgungssystem ebenso undicht ist wie ein Flachdach, ebenso überflutungsfördernd wie ein begradigter Fluß und – schließlich – ebenso uhren- und orientierungsvernichtend wie ein Französischer Revolutionskalender.

In der Tat gibt es Anzeichen der Agonie und Indizien des heraufziehenden Kollapses. Dabei ist mir eines besonders wichtig: Ich selbst lege Wert auf die Feststellung, den Zusammenbruch nicht herbeireden zu wollen. Ich sehe mich statt dessen nur als einen staunenden Chronisten desjenigen Selbstzerstörungsmechanismus, der von dem (schon im Keim todgeweiht gewesenen) System unausweichlich selber ins Werk gesetzt wird.

aa.) So fällt zunächst dies auf: Wer Menschen in ein System zwängt und zwingt, in dem sie „eigentlich“ – also aus eigenem freiwilligen Antrieb – nicht verbleiben würden, der muß Schranken gegen den Ausstieg und die Flucht errichten. Soldaten im Krieg erfahren dies z.B. durch die drakonischen Regelungen über Fahnenflucht und die DDR errichtete einen „antifaschistischen Schutzwall“. Im Umkehrschluß läßt sich daraus ableiten: Wer Versicherte mit – auch strafrechtlich flankierten!11 – sozialversicherungsrechtlichen Zwängen in das System holt und wer Kassenärzte von einem Ausstieg aus dem System unter der Androhung von Berufsverboten abhält, der setzt ein gewichtiges Indiz dafür, daß sein System freiwillig nicht trag- und überlebensfähig wäre.

bb.) Wer den finanziellen „input“ und den medizinischen „output“ aus diesem System über Jahrzehnte weder legislativ, noch administrativ unter eine Gleichgewichtskontrolle bringt, der liefert weiteren Beweis dafür, ein nicht lebensfähiges System zu betreiben.

cc.) Mit Schaudern müssen wir sehen, daß die Versicherten dieses Systems schon lange ohne Zuschüsse aus Steuermitteln ihre eigene medizinische Versorgung gar nicht mehr bezahlen könnten. Und als wäre dies nicht schon genug: Die Zuschüsse kommen auch noch aus einem selbst faktisch rettungslos überschuldeten Staatshaushalt. Alleine das Land Berlin hat heute – „arm aber sexy“ – ein Vielfaches der Staatsschulden, die weiland die gesamte kollabierende DDR aufwies12.

dd.) Der berühmte Northcote Parkinson wies vor rund fünfzig Jahren auf einen erschreckenden kulturhistorischen Umstand hin: Praktisch zeitgleich mit ihrem Ende neigen Gesellschaften dazu, sich noch einmal imposante architektonische Beweise ihrer Macht und Bedeutung zu errichten. Dieses Phänomen gelte zeit- und kulturübergreifend: „Es ist heute bekannt, daß eine Perfektion der Planung nur von jenen Institutionen erreicht wird, die sich am Rande des Ruins befinden. Dieser Schluß, so paradox er klingen mag, ist gegründet auf eine Unmenge archäologischer und historischer Untersuchungen13.

Parkinson verweist in diesem Zusammenhang auf die größten Paläste englischer Monarchen oder römischer Päpste, die allesamt von Männern errichtet wurden, die ihren Machtzenit längst überschritten hatten; er berichtet von Neu Delhi, das 1929 fertig gestellt wurde, als die britische Kolonialzeit durch die Bürgerrechtsbewegung praktisch beendet wurde; er zeigt auf den Völkerbundpalast, der 1937 fertiggestellt wurde, oder auf die berühmten Schlösser Neuschwanstein und Herrenchiemsee. Und sicher nur deswegen, weil er diese Betrachtungen schon in den 1950er Jahren beendete, spricht er nicht auch von unserem neuen Deutschen Bundestag in Bonn, der 1992 vollendet wurde, als Bonn schon seine Hauptstadtrolle verloren hatte, oder von den Berliner Prachtbauten zwischen Reichstag und Kanzlergärten, die bezogen wurden, als Brüssel schon die Macht an sich genommen hatte. Bauen wir nicht gerade ein neues – Bundesgesundheitsministerium?

ee.) Auch jenseits des bloßen, engeren staatlichen Gesundheitssystems mehren sich Zeichen, die Destabilitäten erweisen. Wie soll zuletzt die fußkranke gesetzliche Krankenversicherung noch im Lauf gehalten, werden, wenn das sie (noch) notorisch stützende Finanz- und Steuersystem seinerseits strauchelt? Haben wir nicht soeben unter dem Stichwort von der „amerikanischen Immobilienblase“ die Schaffung gigantischer neuer Geldmengen durch auch die Europäische Zentralbank gesehen? Machen wir uns wirklich bewusst, was es heißt, daß binnen weniger Tage 200 Milliarden Euro „Finanzspritzen“ in diese Systeme gepumpt werden, über Europa hinaus sogar 300 Milliarden Dollar aller Zentralbanken zusammen; in nur zwei Tagen14? Nur derjenige, der seinen Blick auf die bloßen Oberflächen richtet, kann sich derzeit daran freuen, daß der deutsche Staatshaushalt ausgeglichen wäre15. Seemänner wissen: Die wahren und mächtigen Bewegungen strömen unter der Meeresoberfläche.

ff.) Kurz: Sowohl das Gesundheitssystem im engeren Sinne, als auch das umgebende Finanzierungskonstrukt insgesamt stehen auf zunehmend wackelnden Beinen. Die Kunst, das fragile Gewerk im Lot zu halten, wird zunehmend anspruchsvoll. Eines Tages scheitert der Jongleur. Insbesondere dann, wenn Churchills Worte wieder wahr werden: „Wenn die großen Organisationen … zum Äußersten überspannt werden, dann bricht ihr innerer Halt oft an allen Punkten gleichzeitig zusammen.16 Es war noch immer so.

4.) Die bloße Tatsache, daß ein System kollabiert, besagt allerdings naturgemäß noch nichts darüber, wie wir uns angesichts dessen vernünftigerweise zu verhalten hätten.

Eine Möglichkeit wäre, darauf zu vertrauen, daß die Konstrukteure und Betreiber des vorgefundenen Systems nun eine Rettung konzipieren und zum Wohle aller durchsetzen.

Eine andere Möglichkeit bestünde vielleicht darin, daß die betroffenen Bürger – alle Macht geht ja vom Volke aus – ihr Schicksal selbst gestalten, statt auf Reparatur durch andere zu vertrauen.

Mein Zugang zur Lösung derartiger Probleme besteht häufig darin, die Geschichte als Ideenlieferanten zu nutzen. Der oppositionelle DDR-Pfarrer Ulrich Woronowicz hat dies mit den schönen Worten beschrieben: „Die Geschichte ist ein umfangreiches Protokoll über Experimente, man muß es nur unvoreingenommen lesen17.

Wer dergestalt in die Geschichte des 20. Jahrhunderts blickt, der stellt fest: Nach dem völligen Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 ist etwas Faszinierendes geschehen. Für gewöhnlich nennen wir es das „Wirtschaftswunder“. Sein traditionell als Vater anerkannter Wirtschafsminister, Ludwig Erhard, tat jedoch effektiv nichts anderes, als den Menschen die Chance zu bewahren, sich selbst zu bewähren. Daher war auch kein „Wunder“, was geschah. Es war vielmehr das reine Vertauen in die Kraft und Kreativität von Menschen, die selbst und unmittelbar das tun durften, was ihnen in ihrer Situation persönlich sinnvoll erschien. Sie wurden nicht – wie in der „SBZ“ – administrativ geführt und verwaltet. Sondern sie durften selbst in eigener Würde und Verantwortung agieren.

Nur zehn Jahre später war Deutschland „Exportweltmeister“ und ein deutscher Facharbeiter verdiente doppelt so viel wie sein Berufskollege in England18! Der Unterschied war: Die englischen Wähler hatten sich nach den Anstrengungen des langen Krieges in erster Linie Frieden, „soziale Sicherheit“ und einen „Wohlfahrtsstaat“ gewünscht. So wählten sie 194519.

Und damals wie heute war die Kritik an einer auf Freiheit individuellen Handelns ausgerichteten Kritik harsch. Die spätere „Zeit“-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff schrieb 1948: „Wenn Deutschland nicht schon eh ruiniert wäre, dieser Mann mit seinem absurden Plan, alle Bewirtschaftung aufzuheben, würde es gewiss fertig bringen. Gott schütze uns davor. … Das wäre nach Hitler und der Zerstückelung die dritte Katastrophe.20

Im Nachhinein erwies sich bekanntlich das englische Modell als das weit Katastrophalere. Noch 1976 war der erste britische Premierminister aus den Reihen der Gewerkschaften in seinen volkswirtschaftlich-steuernden Verantwortungen so verzweifelt, daß er seinem Kabinett erklärte, wenn er ein junger Mann wäre, würde er jetzt auswandern21.

Ludwig Erhard vertraute also auf das, was der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften des Jahres 1976, Friedrich August von Hayek, „spontane Ordnungen“ nannte. Im Ergebnis ist es nichts anderes, als das vertrauen darauf, daß Menschen unmittelbar – ohne bürokratische Fernsteuerung mittels legislativer Zuckerbrote und Peitschen – am besten erkennen, was den allgemeinen Fortschritt befördert. Auch dies ist übrigens mitnichten eine neue Idee der Geschichte des 20. Jahrhunderts. König Friedrich Wilhelm III bediente sich bei seinem „Edikt zur Bauernbefreiung“ vom 9. Oktober 1807 schlicht desselben Mechanismus22. Was also könnte (oder sollte) uns hindern, ebenso zu verfahren?

III. Schluß: Wie man sich solidarisch aus
dem Sumpf zieht

Die einzig sinnvolle Erkenntnis aus alledem kann nur sein: Befreien wir uns von der überbordenden Bürokratie im Gesundheitswesen! Nutzen Sie die bestehenden Netzwerke ihrer Verbände, um spontane Ordnungen zur politikfreien (oder zumindest politikfernen) Versorgung Ihrer Patienten zu schaffen! Die Zukunft wird denjenigen Verbänden gehören, die nicht mehr nur primär Einfluß auf fremde Entscheidungen von Politikern nehmen, sondern denen, die unmittelbare Entscheidungshilfen für selbständige und damit insbesondere untereinander solidarische Bürger geben. In der Gestaltung dieser freiberuflichen Zukunft liegen Chancen, die genutzt werden wollen.

Denken wir an meine Freunde aus dem Jahr 1984: Kann schwer fallen, sich vorzustellen, welche allgemein förderlichen Ergebnisse Menschen erzielen, wenn sie ihren bewiesenen Mut, ihren gezeigten Elan, ihre vorhandene Kraft und ihr praktiziertes Selbstvertrauen in fröhliche Experimente und waghalsige Lebensentwürfe stecken, die nicht nur der Umgehung staatlicher Fehlplanungen gewidmet sind?

Die Größe der heutigen Gesundheitsverwaltung hat kein Menschenmaß mehr. Sie führt sich selber ad absurdum. Sie erinnert an den von Paul Watzlawick berichteten Versuch, einen immer größeren Flugzeughangar gegen Witterungseinflüsse zu bauen, bei dem man schließlich feststellte, daß innerhalb des Hangars selbst nun ein eigenes Mikroklima entstanden war.

Betriebsblindheiten wie diese führen zu Babylonischen Turmbauten wie dem „Gesundheitsfonds“ oder der „Gesundheitskarte23. Zuletzt befasst sich die Verwaltung nur noch mit sich selbst. Der Psychologe Dietrich Dörner schreibt: „Wenn ich durch exzessives Planen und Informationssammeln jeden direkten Kontakt mit der Realität vermeide, so hat die Realität auch keine Gelegenheit, mir mitzuteilen, daß das, was ich mir da so ausgedacht habe, nicht funktioniert und grundfalsch ist.24

Anders als Bürokraten und Verwaltungsexperten findet sich bei Berufsverbänden indes noch immer Sachverstand und Realitätsnähe. Diese Pfunde gilt es zu nutzen und einzusetzen. Unser Selbstverständnis sollte heißen: Wir wollen mehr sein, als nur Hausmeister! Wir können Architekten sein! Dann wird unser deutsches Gesundheitssystem auch wieder auftauchen aus seinem bürokratischen Sumpf, zum Wohle aller!

1 Carlos A. Gebauer ist Rechtsanwalt in Duisburg

2 The Second World War, Band III, Buch II, Kap. 31

3§ 1 Abs. 1 SGB I ist insoweit übrigens identisch mit der DDR-Verfassung von 1949

4 Die „soziale Gerechtigkeit“ ist demgegenüber juristisch völlig konturenlos. Sie besagt nichts und alles. Jedermann kann rhetorisch in sie hineindeuten (und aus ihr herausdestillieren), was er mag. Nüchtern betrachtet, handelt es sich bei ihr um nichts anderes, als um eine parareligiöse Begriffs-Conditorei. Viel Sahne und Zucker versprechen dem Auge und der Zunge vordergründigen Genuß, während die ernährungsphysiologische Gesamtbilanz erschreckend ausfällt: Bei geringen Sättigungserfolgen steigen nur die körperlichen Risiken. Wäre es nicht stets eine Torte, die andere bezahlen, könnte man die Freude an ihr dem privaten Lebensglück zuordnen. Bezeichnenderweise wusste Edmund Burke nur ein Jah nach dem Sturm auf die Bastille bereits, daß es hier nicht um „Befreiung“ gehe, sondern um einen neuen „Religionskrieg“.

5 Merke: Das Gesetz des Dschungels ist: Fressen oder gefressen werden. Das Gesetz der Zivilisation lautet: Definieren oder definiert werden, wie ein weiser Psychiater erkannte

6 Lev Navrozov: Die Lehrjahre des Lev Navrozov, Müpnchen 1975, S. 279

7 Ich habe schon an anderen Stellen wiederholt darauf hingewiesen: Mich erstaunt über alle Maßen, daß meine Mitbürger diese allgemeine Zuweisung des „Notwendigen“ oder „Erforderlichen“ bislang so weitgehend klaglos akzeptieren. Niemand würde sich die notwendige Frisur behördlich zuweisen lassen, niemand würde akzeptieren, den erforderlichen Partner zugeteilt zu erhalten. Dennoch wird dies auf medizinischem Gebiet hingenommen? [vgl.bei www.make-love-not-law.com, „Lenin und der Kassenarzt“ u.a.]

8 Die betriebswirtschaftliche Organisationslehre kann zu dieser Erkenntnis vieles sagen!

9 Bill Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem, 5. Aufl. 2005, München, S. 63

10 mit dem 31. Dezember 1805 war dieser Spuk vorbei

11 vgl. § 266a StGB

12 man geht sicher kaum fehl in der Annahme, daß es die von Franz Josef Strauß vermittelten, umstrittenen Milliardenkredite an eben jene zahlungsunfähige DDR waren, die deren Zusammenbruch zu einem Zeitpunkt verhinderten, als ein friedliches Einschlafen der Sowjetunion noch keinesfalls gesichert war; aber das ist ein anderes Thema

13 Northcote Parkinson, Parkinsons Gesetz, Stuttgart 1958, S. 85

14 Roland Baader weist in der „Schweizerzeit“ (Nr. 24 vom 5.Oktober 2007) darauf hin, daß dies bedeutet: Jeder lebende Erdenbürger hat plötzlich – von jetzt auf gleich, nach zwei Tagen, ohne jede Wertschöpfung – rechnerisch 50 US-Dollar mehr zur Verfügung!

15 Damit noch bei weitem nicht genug: Mich erschüttert die Erkenntnis, daß niemand anderes als Mao Tse-tung im Jahr 1941 die chinesische Währung bianbi unbegrenzt nachdrucken ließ und dies mit den Worten verband: „Wenn [das Währungssystem] im der Zukunft zusammenbricht, dann ist es eben so.“ (vgl. Jung Chang und Jon Halliday: Mao, München 2005, S. 366). 1944 gab es dann dort so viel Geld, daß die Regierung begann, es einfach wieder „einzusammeln“ (a.a.O. S. 367).

16 Churchill in seiner „Weltkrisis“, op. cit. nach Christian Graf von Krockow, a.a.O. S. 231

17 Ulrich Woronowicz: Sozialismus als Heilslehre, Bergisch Gladbach 2000, S. 123

18 vgl. Christian Graf von Krockow: Churchill, Hamburg, 1999, S. 196

19 vgl. ebendort

20 Marion Gräfin Dönhoff, 1948, in: Wolfram Langer, Ohne Erhard sähe Deutschland anders aus; op. cit. nach Gerd Habermann, Vision und Tat – 2. Aufl. 2005, Bern, S. 26

21 vgl. Dominik Geppert: Thatchers konservative Revolution, München 2002, S. 177 m.w.N.; die keynsianischen Sozialdemokraten um Callaghan sagten, man könne jetzt nur noch versuchen, auf alle Knöpfe zu drücken, die zu finden seien, um zu sehen, was geschehe!

22 Vgl. Ulrich Woronowicz, a.a.O. S. 171ff.

23 zum verwandten Problem der sog. „Vorratsdatenspeicherung“ vgl. auch Gola u.a. in NJW 2007, 2599 ff. – die derzeitige staatliche Datensammelwut ist schwerlich verfassungskonform.

24 Dietrich Dörner, Die Logik des Misslingens, Hamburg 2003, S. 311

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